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RE: Platz für Kunst

#1 von Sirius , 06.12.2016 00:19

Du gehst in ein Museum und betrachtest das Gemälde „Apfelmus“, kennst aber nicht den Titel. Schon bald gründet sich aus der Wichtigkeit heraus eine Expertengruppe, die das Bild in schriller Sprache zu interpretieren weiß. Damit niemanden die Inhaltslosigkeit der Interpretationen auffällt, nennt man diese Leute Kunstkenner.
Diese Gruppe steht nun in vielen Jahren vor meinem Gedicht:

Meine Kunde offen,
mein Eigen ganz artig.
Von mir selbst betroffen
- der Hingebung voll – wart ich,

dass mein Traum aus der Haft
nach Heime kehrt.
Erst mein Leiden schafft,
was der Liebe wert.

Das Wort über meinem Haupt,
des trunken Glückes seelig,
an keine Krise glaubt,
bleibt im All ganz mählich.

Wer findet den Algorithmus, der diesem Gedicht zugrunde liegt?

Sirius


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RE: Platz für Kunst

#2 von Jonny , 06.12.2016 18:59

Ich schlaf noch mal drüber...

 
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RE: Platz für Kunst

#3 von Sirius , 15.12.2016 00:32

Hast du denn schon ausgeschlafen, lieber Jonny?

Das "Geheimnis" ist ganz einfach: Ich habe die Bedeutung der Wörter wörtlich genommen.

Meine Kunde offen, = Offenkundig
mein Eigen ganz artig. = eigenartig
Von mir selbst betroffen
- der Hingebung voll – wart ich,= hingebungsvoll

dass mein Traum aus der Haft = traumhaft
nach Heime kehrt. = heimgekehrt
Erst mein Leiden schafft, = Leidenschaft
was der Liebe wert. = liebenswert

Das Wort über meinem Haupt, = Hauptwort
des trunken Glückes seelig,= glückseelig
an keine Krise glaubt, = Glaubenskrise
bleibt im All ganz mählich. = allmählich

Das wars schon.

Sirius


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RE: Platz für Kunst

#4 von Letreo71 , 21.12.2016 22:50

Lieber Sirius,

der Text ist schön. Ich hätte an deiner Stelle noch nicht aufgelöst, so wäre ich noch zu einer Auflösung gekommen und Jonny sicher auch.
Als bekennender "Nichtkunstkenner" muse ich jetzt den Apfel.

Leogrüße


Schreiben macht schön.

 
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RE: Platz für Kunst

#5 von Sirius , 21.12.2016 23:10

Na ja, liebe Apffel-Muse, ich habe Jonny ja neun Tage schlafen lassen, er ist ja auch sehr müde, aber dann hatte ich es fast selbst vergessen.

Sirius


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RE: Platz für Kunst

#6 von Sirius , 25.01.2017 00:33

Perlensäue

Aus dieser Sicht ist
ein Gedicht das spricht
schnell gesagt und gut
gesprochen, schade nur,
dass es nicht bedeutet,
dem Leser keine Beute ist,
oder umständlich gedacht,
die Gelegenheit vernützt
und daraus Sprache macht.

Franzobel


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RE: Platz für Kunst

#7 von Sirius , 06.02.2017 00:18

Horch – bald ist es dunkel,
und die Nacht will wieder tagen.
Der Tag hat sich vertagt
auf morgen sozusagen.

Sirius


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RE: Platz für Kunst

#8 von Richard , 06.02.2017 08:32

In der Kürze liegt die Schürze, oder wie das heißt. Ein schönes Wortspiel, wobei ein "Schau" für mich sinniger wäre.

 
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RE: Platz für Kunst

#9 von Sirius , 06.02.2017 21:22

"Horch" habe ich genommen, weil es so unsinnig und widersinnig ist.

Danke dir, Richard!

Sirius


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RE: Platz für Kunst

#10 von Sirius , 09.02.2017 00:10

Versenken

diese gedichte sind nicht zum laut lesen
sondern zum sich darein versenken
und die goschen zu halten was ein mund ist
wenn aber die galoschen nicht mehr dicht sind
kann ja in patschen man neben dem ofen sitzen
und sinnend das gedicht betrachten worauf
warme freude einkehren wird in das herz
des poesiefreundlichen stubenhockers
den der schnee nicht dazu verlocken kann
feuchte socken sich zu holen.

Ernst Jandl


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RE: Platz für Kunst

#11 von Sirius , 24.02.2017 00:12

Wander*Innens Nachtlied

Über allen Zipfeln
Ist rape,
In allen Firmen
Spürest du
Kaum eine Frau;
Die white cis-males bleiben im Walde.
Warte nur, balde
Vergewaltigst du auch.

SkjollHati


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RE: Platz für Kunst

#12 von Sirius , 02.03.2017 00:10

Ludwig Bäumer – Abendlied.

Wir Mageren, Irrsinnwärtsgeführte. Zuchthausmauern
Belecken die heißen Zungen unserer Augen. Du, deine Wimper fällt
Nicht mehr über deine glotzende Pupille; du, ein Bruchband hält
Die Spieße deiner geborstenen Leisten; Krampfadern lauern
Zu zerplatzen, du, dir; wie dir dein Grinsen schmeckt,
Deines zerschmolzenen Herzens; du, dir läuft ein Ohr;
Du, ein Geschwür krebst über deinem Hirn; — du lästerndes Chor —
Wir alle, die uns ein Morgen an seine Angel weckt.
Schreit deine Lunge? Spei Blut! Fall ins Gesicht!
O du mordende Angst trompetender Stimmen, die wir müssen —
Einmal werden wir auf dem Rücken liegen, auf Flüssen
Treibender Leichen, Antlitze quellen, weiß, weich, und nur Füße haben Gewicht.
Spannte dich einmal ein Weib zu Bogen und Pfeil? O du Hund!
Außer uns stirbt sich die Welt und will sich erbarmen.
Knie nieder! Kerrl! Gelenke ächzen an Armen. —
Sag, war auch dir niemals etwas fremder als jetzt dein Mund?

aus: 1914 - 1918, Eine Anthologie, Verlag der Wochenschrift Die Aktion (Franz Pfemfert), Berlin-Wilmersdorf, 1916, S. 21.


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RE: Platz für Kunst

#13 von Sirius , 09.03.2017 00:10

Leicht gedattelter Zuneigungsvers

Vom Himmel
der Stern...
und vom Apfel
der Kern...
von der Dattel
das ...tel,
doch das „Dat“
ist zu schnell.
Kommt die Luft raus
heißts dassssss.
Vorne weich
heißte es wwwas.
Alles ab,
bleibt ein a
ein winziges a.
Aus dem a
wird ein *
und ich
hab dich gern.

Fredrik Vahle


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RE: Platz für Kunst

#14 von Sirius , 10.03.2017 01:48

Die wundersame Wirkung von Sprache und Spucke oder
Keine Angst vor fernen Planeten oder
Nächtliches Schauspiel am Dorfteich

Du
wirst vor mir erzittern!
sagte zum Mond
die Maus
und spuckte
ins Wasser.

Fredrik Vahle


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RE: Platz für Kunst

#15 von Letreo71 , 10.03.2017 20:32

Süß.


Schreiben macht schön.

 
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