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Literaurkanon

#1 von Karl Ludwig , 20.11.2019 10:06

Gestern, im Rahmen meiner Senilitätsprophylaxe, - profanes kreuzworträtseln mit der bekannten flüchtigen Bekannten, welche ich schon öfters in diesem Forum thematisierte, mal als „Äh“, mal als „Pestomonster“ nebst ähnlich zärtlich klingenden Aliaserfindungen meinerseits, wurde nach einem Buch von Herman Melville gefragt, - und Moby-Dick war es diesmal nicht. (Schachtelsätze sind schwer zu lesen, gelle? Und zu schreiben erst ...)

„Halt! SachNix. Es gab doch noch ein weiteres Buch von diesem Typen im Bücherschrank. Direkt daneben. Moment. Da ging es, glaube ich, um einen Jungen, der letztendlich gehängt wird. Auf einem Schiff mit dem hochtrabenden Namen „Die Menschenrechte“. Willi oder so. Nee, glatt gelogen, den Jungen hatten sie von einem Schiff mit ebendiesen Namen zwangsrekrutiert.“

„...“

Putzig, was einem so im Hirn hängen bleibt. Immerhin ging es um meinen eigenen Bücherschrank, um den in meinem Kinderzimmer. Der war nämlich ein Upperclass-söhnchen Bücherschrank. Gut gefüllt mit „Literatur“, geschenkt von Großeltern und Patenonkeln zu diversen Anlässen.

(Da fällt mir ein, - ich schweife halt immer ganz gerne ab: Ich besaß sogar mal ein 32-teiliges Silberbesteck mit Namensgravur. Vier mal achtteilig. Bekam ich unter anderem zur Konfirmation. Kein Wunder, dass ich seltsame Attitüden entwickelte. „I was born with a silverspoon in my mouth and Karajan in the ears“.)

Wir mussten nachschlagen: 'Billy Budd'! Wie dumm. Besonders auch von uns.

Daraus ergab sich eine Diskussion, was mensch so gelesen haben sollte. Sofort befragte ich Google und suchte mir eine Page aus, die bloß nichts von diesem Widerling (Zitat von Äh!) Marcel Reich-Ranicki in der Ansage vermeldete:

https://www.dtv.de/empfehlungen/buecherl...turkanon/e-103/

„Kleiner Prinz. Aber sofort. Kafka wäre ihr zu gruselig, so wie auch Steinbeck viel-viel düster sei. Fitzgerald ginge klar. Krieg der Welten? Bitte keine SF! Nein, auch nicht als Vintage.“

„?!“

„Das bedeutet Klassiker, du Dummie. Katharina Blum. Ein Muss! Habe aber nur den Film gesehen. Wer ist denn dieser Michail Bulgakow?“

„Jedenfalls nicht Alexander Scholtschnüzin.“

„Solschenizyn.“

„Meinetwegen. Hast du Archipel Gulag gelesen?“

„Zwanzig Seiten.“

„Bravo. Ich habe nur 12 geschafft. Weiter hier. Was ist mit Homer? Ilias?“

„Sagen des klassischen Altertums. Ja. Aber als Nacherzählung. Nicht in Form von WasWeißIchWieVielenGesängen.“

„24.“

„Ja-ja. Ich kann genau sehen, dass du in anderen Fenstern zusätzliche Recherche betreibst.“

„Robinson Cruso?“

„Natürlich!“

„Goethe: Werther und Faust?

„Unbedingt! Und Eichendorf ist lustig.“

„Kenn ich nicht. Ein Minnesänger?“

„Blödkerl!“

„Das hast du doch extra gesagt. Pearl S. Buck?“

„Liebesromane?“

„Nö! Über China. Madame Bovary?“

„Schon mal von gehört.“

„Ich auch.“

„Alice im Wunderland?“

„Ist doch kranke Scheiße eines semipäderastierenden Opiumfressers.“

„Recht dezidierte Ansichten, die da äußerst. Tolstoi? Dostojewskij?“

„Auch schon oft im Zusammenhang mit Literatur wahrgenommen.“

„Don Quijote? Cyrano de Bergerac?“

„Don Quijote ganz bestimmt und den Cyrano habe ich mal im Kino gesehen, mit diesem Schweinefleischberg in der Hauptrolle. Na-ja, damals sah er noch recht normal aus. Als er unnormal wurde, siedelte er um nach Russland. Wie hieß er denn noch?“

„Gérard Depardieu. Was hältst du von Romeo und Julia? Guck mal, hier in einer modernen Kinoversion.“

„Iiiieeeh. Ist das etwa Leonardo DiCaprio?“

„Ja.“

„Kann den nicht ab. Hast du Jane Austens 'Stolz und Vorurteil' gelesen?“

„So eine 'Vom Winde verweht'-Geschichte?“

„Daneben. Duhu, ich vermisse Pipi Langstrumpf.“

„Und ich Karlson vom Dach nebst Karl May. Und Hemingway.“

„Hau mir bloß mit diesem Hypermacho ab.“

„Hanni und Nanni!“

„Du wirst albern.“

„Wieso? Wenn es nach Anzahl der Leser ginge ...“

„Sigurt und Tarzan Comicheftchen in Din A 5 oder WieVielAuchImmerFormat.“

„Prinz Eisenherz.“

„Ach ja. Tom und Jerry. Meine Güte. Was bist du belesen.“

„Moment (Taschenrechner Aufruf). Wenn ich als Kind, sagen wir mal 12 Jahre lang, niedrig geschätzte zwei Stunden täglich gelesen haben sollte, ergibt das an die 10.000 Stunden. Kommen vielleicht noch weitere, cirka 20.000 Stunden als Erwachsener hinzu. Das ist zu wenig, um bei mir als 'belesen' durchzugehen.“

„Bedauerst du deinen Mangel an Literaturkenntnis?“

„Schon. Ein wenig. Manchmal. Eher selten. Mich interessiert eher die Technik, einen Leser in die Geschichte einzusaugen, wie Stephen King und E.A. Poe. Oder Hesse. Hast Du das Glasperlenspiel kapiert? Ich nicht. Überhaupt, warum wird Hesse in diesem Kanon nicht erwähnt? Oder Kipling?“

„Wer ist das?“

„Siehste!“

So ging es eine kurzweilige Zeit lang weiter. Selbst meinen hochgeliebten Terry Pratchett ließ sie nicht gelten. Bis ich die (Meine) Lösung fand: „Das hier, was ich gerade schreibe, ist zukünftige Weltliteratur und gehört auf den ersten Platz jedwelcher Kanons. Auch bei Elke Heidenreich!“

Natürlich gab die 'Tante Disputantin' (Ein anderer Name für Pestomonster) daraufhin Dieses und Jenes zu bedenken, was ich aber unterließ.


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RE: Literaurkanon

#2 von Sirius , 20.11.2019 18:58

Gleich mal vorweg an die Schlaumeier (wie Google), die meinen, mir erzählen zu müssen, welche Wurst ich esse, welche Arschlöcher ich wählen und welches Buch ich lesen muss: Inzwischen „empfiehlt“ jede 15jährige und jeder Dschungel-Popel auf Instagramm, was „man“ gelesen haben sollte. Grad jene, die nicht mal ein Mathebuch gelesen haben, aber einen auf gebildet machen, weil sie mal aus Versehen an einem Buchladen vorbeigegangen sind.

Das meiste von dem Rotz ist natürlich Belletristik, also erfundene Geschichten. Die kann ich mir selbst schreiben, denn mit wem sollte ich denn wohl in Dummerland über Pearl S. Buck z.B. diskutieren (Übrigens keine Liebesgeschichten, aber China stimmt)?
Eben.

Und hintenan: Dein amüsanter Beitrag ist vermutlich gehaltvoller als manches von dem, was man angeblich lesen muss. Zumal du ja Weltliteratur schreibst. Was ja Asterix und Oblelix übrigens auch ist. Nur Google hat mal wieder keine Ahnung.

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