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Latrine

#1 von Sirius , 08.09.2020 17:31

Latrine

Über stinkendem Graben,
Papier voll Blut und Urin,
umschwirrt von funkelnden Fliegen,
hocke ich in den Knien,

den Blick auf bewaldete Ufer,
Gärten, gestrandetes Boot.
In den Schlamm der Verwesung
klatscht der versteinte Kot.

Irr mir im Ohre schallen
Verse von Hölderlin.
In schneeiger Reinheit spiegeln
Wolken sich im Urin.

„Geh aber nun und grüße
die schönne Garonne -“
Unter den schwankenden Füßen
schwimmen die Wolken davon.

Günter Eich


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Sirius
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RE: Latrine

#2 von weegee , 08.09.2020 21:16

Uah! Das ist ja mal was! Ein Gedicht in und aus und über eine Scheißegrube...Quasi ein Anti-Eichendorff. Oder eine gewollte Persiflage eines Eichendorff-Gedichts?

Zitat von Sirius im Beitrag #1
In schneeiger Reinheit spiegeln
Wolken sich im Urin.
---- das ist stark und höchst lyrisch. Und der Reim Hölderlin -- Urin ist... wagemutig, aber so was von gelungen.

Eine dichterische Überraschung für mich. Danke dafür, Sirius!

Jörn


Nicht erst morgen, heute komm zum Rosengarten. (Pierre de Ronsard)

 
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