Ein Junkieschicksal
Fangen wir mit seinem Ableben an: In der Zelle aufgehängt. Fast schon ein Klassiker, wenn der eiskalte Affe kommt und den Spiegel hinhält, - ein Anblick der tatsächlich deprimierend wirken kann. Aber die Selbstkritik gleich überspannen und sich umbringen?
In der Zeit, als er noch nicht ganz so folgenschwer an sich zu mäkeln fand, war er ein lustiges Kerlchen. Hatte immer irgend eine Frau mit Auto, die ihn kutschierte und war dem Hartstoff höllisch hinterher, dealte sogar damit und das führt über kurz oder lang immer hinter Eisenstäbe.
War ein Arztsohn. Wurde wie ich aufs Internat geschickt, weil zu anstrengend. Wurde wie ich geschmissen. Hatte wie ich noch Reste einer guten Erziehung in Petto.
Dann starb sein Vater und wir räumten mit der Roten Liste in der Hand, ohne den Hauch eines schlechten Gewissens, die Praxis leer. Schon mal was von Psyquill gehört? Wirkt so wie es heißt.
Er konnte weder mit Geld umgehen, noch mit Stoff. Ach was, er konnte ursächlich nicht mit dem Leben umgehen.
Deswegen war sein Erbe auch sein Todesurteil. Er schwängerte eine seiner Tanten, mietete ein gepflegtes Häuschen im spießigen Grüngürtel und besorgte es sich hemmungslos.
Als das Geld alle war, verließ ihn die Dame mitsamt dem Kind. Er zog durch die Wohngemeinschaften, aber dort konnte man sein Klagen bald nicht mehr hören. Die Bullisei griff ihn sich. Auf Entzug nannte er Namen. Als ihm klar wurde, in welcher Scheiße er nun steckt, tötete er sich, meines Erachtens völlig voreilig.
Das aber ist, wie fast alle meine 'Hartstoffgeschichten', an die 30 Jahre her. Und er war auch nicht der Erste und nicht der Letzte, der diesen billigen Ausweg wählte, als die Illusion zerfaselte.
Ach Kaite. Ich wollte schon immer mal über Dich schreiben. Leider gibst Du nicht viel her.
Wir kommen schon wieder zusammen ...
Zehn Weise können nicht einen Idioten ersetzen!
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Ich glaube wer aus diesem Teufelskreis den Absprung nicht rechtzeitig schafft,
wird in irgendeiner Weise vom Schicksal abgegriffen.
Es gibt da genug traurige Orte, auch wenn es nicht gleich das Bahnhofsklo ist.
Deine Geschichte find ich wieder gut geschrieben, klsa.
Ich habe da einen Seufzer durch die Zeilen gehört...
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Danke. Drogen sind schwierig, aber keine Entschuldigung a la: "Ich nehme Drogen, weil ich vergessen will, dass ich ein Junkie bin."
Das Zeugs macht aus starken, neugierigen und lebensfrohen Menschen jammernde Memmen. Ich kann jedem Nachwuchs nur innigst empfehlen, sich auf diesen Drachenkampf gar nicht erst einzulassen. Die meisten verlieren ihn, auch die, welche glauben ihn nicht verloren zu haben, so wie ich. Ich habe Jahre meiner Entwicklung verpasst, nein, keine Reue, nur ein wenig: Seufz ...
Die beste Droge ist der klare Kopf, aber der ist leider sehr selten bis nie. Ich kenne ihn auch nur aus Erzählungen von Anti-Hedonisten. Begegnet bin ich noch keinem.
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Mit klarem Kopf kann ich nicht denken. Zuviel Hohlraum tut auch weh.
Aber mit deinem Fazit hast du Recht, klsa, Drogen und Alkohol sind keine Lösung und immer nur eine Flucht.
Du kennst dich mit den Stoffen aus, aber das muss man auch erst mal beherrschen. Wenn ich den Quatsch schon höre: Ich bin Genusstrinker, ich kann jederzeit aufhören. Einen Scheiß können die meisten. Und mit Drogen ist es noch schlimmer.
Deine Geschichte aber ist gut wie immer. Es gibt wenige, die über den Dingen stehen können und wissen, wovon sie reden.
Sirius
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