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RE: Tauchsieder

#1 von Karl Ludwig , 07.08.2016 08:36

Über 40 Jahre her.

Im Rahmen meiner Initiation, Inaugurierung gar, war ich aufgrund eines Missverständnisses, welches aber schnell geklärt wurde, im Jugendknast. Wie es dazu kam ist eine lange Geschichte, die ich aber ein anderes Mal erzählen will.

Ich war zwar über 21 Jahre alt, aber da das 'Missverständnis' schon lange zurück lag, wurde ich nach Jugendstrafrecht verurteilt und landetet als 'Senior unter lauter Kindern in Siegburg'. Ich kam auch gleich in die anstaltseigene Trockenblumenkranzbinderei. Und dort, neben den Boxen für Tannengrün, Drahtgebilden, Sisal, Cocosfasern, Luffa, Trockengräsern, Strohblumen, Wickelbändern usw. lag etliche Kartons großer Schlafmohnkapseln mit langem Stil (aus Schweden). Sehr dekorativ und vor allem waren alle zu blöde, damit mehr anzustellen, als in die Kränze zu prokeln.

Soweit, so gut. Nur, - wie komme ich an kochendes Wasser? Die Dinger müssen, besonders wenn sie getrocknet daher kommen, mindestens 30 Minuten sieden. Oder vielleicht auch nur 15, wenn ich die Kapseln pulverisiere.

Woher beziehen denn die Anderen ihr heißes Wasser? Jeden Freitag war der Kaufmannsladen geöffnet und alle deckten sich mit Unmengen Instantkaffee ein. Schnupfen die den? Lösen sie ihn etwa in KALTEM Wasser auf – hä? Die Nächte zum Sonnabend war immer sehr unruhig.

Ein Mithäftling klärte mich auf: Die benutzen alle 'Knasttauchsieder'! Bitte? Ja, ich solle den Epilektriker fragen, Preis wäre normaler Weise ein Päck Tabak.

Ich zahlte dem Typen den geforderten Gebühr und am nächsten Tag besaß ich einen. Der bestand aus einem längeren Kabel, das eine Ende mit einer Glühbirnenfassung und selbstgefertigtem Plastikgriff versehen. Dem anderen Ende war die Isolierung entfernt worden und der eine Draht spiralig auf zwei oder drei cm Abstand um den anderen gewickelt. Die Konstruktion konnte man mit der Glühbirne unter der Decke austauschen und im Dunkeln in die Tasse tauchen, welche in kürzester Zeit etwas Kochendes produzierte, das enorm nach Tod und Metall schmeckte. Ich müsse nur aufpassen, dass sich die Drähte nie berühren, sonst gäbe es einen Kurzen und alle Zellen würden gefilzt, und das würde dann viele Leute verärgern.

Es sprach sich herum: „Der Typ hat vielleicht ein Pulver, Leute, guckt mal wie breit ich bin.“

Ich denke gerne an die Zeit zurück, als meine Beliebtheit zwei Monate lang fast ausgebrochen grenzenlos gewesen war.


Zehn Weise können nicht einen Idioten ersetzen!

Karl Ludwig  
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RE: Tauchsieder

#2 von Sirius , 07.08.2016 11:47

Beliebt bist du ja noch immer, Karl-Ludwig, auch ohne Tauchsieder und Schlafmohn, und zumindest den Erfindungsreichtum hast du behalten.
War wieder sehr unterhaltsam!

Sirius


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RE: Tauchsieder

#3 von Jonny , 07.08.2016 12:17

Kann ich gern bestätigen.
Ich tauche immer gern in eure Geschichten ein.

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