Ich sollte wirklich mal damit aufhören, jede Geschichte mit einem Personalpronomen der ersten Art zu beginnen. Deswegen heute:
Minni, die philosophische Maus.
Minni ist eine ehemalige Labormaus, welche ich unter lebensgefährlichem Einsatz meines Seniorenpasses aus dem Kerker befreite und die deswegen bei mir wohnte. An ihr wurden Experimente zur Erforschung von kognitiver Leistungssteigerung durchgeführt – einfach grausam. Die Maus lag nur noch in stiller Verzweiflung apathisch niedergestreckt in ihre Käfig und fragte sich: Warum bloß? Warum ausgerechnet ich? Was soll das? Wo ist hier der Notausgang – nicht großartig anders, als sich viele Menschen wundern, wenn sie die Kraft der ungebändigten Denkerei erfahren.
Experimente mit der Intelligenz können zu Traumata führen, so dachte sie wohl verschreckt und diagnostizierte akuten Scharfsinn bei sich selber. Ich sah sie am Tag der offenen Tür, was allerdings nicht für die Insassen galt. Ihre flehenden Augen ließen mich nicht eine Sekunde zögern. Noch im selben Jahr überfiel ich diese Tierfolterei, sperrte den Wachmann in einen Hamsterkäfig, und verschwand 'Venceremos' brüllend, mit der geretteten Maus in meinem Stadtrucksäckchen. Kol mi Faunatiker!
Seitdem lebte Minni bei mir. Ich wagte ein Experiment und laubsägte ihr einen kleinen Irrgarten aus Sperrholz, legte ein Stück Käse hinein und holte die Maus.
Sie fand den Käse nicht! Sie suchte zwar überall, sogar in meinen Hosentaschen, aber sie fand ihn einfach nicht. Blöde Maus! Dachte ich laut, woraufhin sie sehr pikiert guckte.
Eine Woche später: Kein Fortschritt! Als ich sie dabei ertappte, wie sie sich telefonisch eine Pizza bestellte, wurde ich sehr ärgerlich.
Zwei Wochen später. Immer noch kein positives Resultat. Ich möchte das Experiment am liebsten abbrechen. Die Maus fand den Käse einfach nicht, obwohl der inzwischen etwas streng roch.
Drei Wochen später. Sie rief mich aus Shri Lanka an um mir mitzuteilen, dass sie den Käse bestimmt noch finden wird. Meinen Einwand, nämlich dass sie inzwischen Kilometer weit davon entfernt sei, ignorierte sie gekonnt und als ich ihr deswegen Vorhaltungen machte, legte sie einfach auf.
Sechs Wochen später. Eine Karte aus Kathmandu! Sie hätte den Sinn des Lebens entdeckt.
Echt! Zu doof ein Stück Käse zu finden, aber sich gleich am Sinn des Lebens versuchen.
Acht Wochen später. Mein Psychiater meinte, das sei alles völlig natürlich und die Maus sei wesentlich klüger als für mich erkennbar. Ich sollte es mal mit einem modifizierten Versuchsaufbau probieren und die Maus diesmal IN das Labyrinth setzen. Aber die Maus meditiert ja irgendwo im Himalaya.
Mist. Und die klüger machenden Pillen hat sie auch mit genommen...
Zehn Weise können nicht einen Idioten ersetzen!
Beiträge: | 2.445 |
Registriert am: | 10.12.2015 |
Immerhin kannst du nun sagen, bei euch in der Familie wurde Intelligenz nachgewiesen, wenn auch nur adoptierte. Da freut man sich doch und kann davon erzählen, auch wenn sonst alles Käse ist.
Die Übertreibungen outen die Geschichte als Satire, aber da du sie so schonungslos erzählt hast, wird sie glaubwürdig, vor allem, weil du selbst nicht so gut dabei wegkommst.
Herrlich schräg, Karl-Ludwig.
Sirius
Reset the World!
Beiträge: | 27.120 |
Registriert am: | 02.11.2015 |
Das ist so herrlich schräg, Karl-Ludwig, dass ich aufpassen muss, von der Schräglage nicht in die Horizontale zu fallen.
Liebe Lottegrüße
Schenke der Welt mein Lächeln,
morgen lächelt sie zurück.
Beiträge: | 6.273 |
Registriert am: | 05.11.2015 |
Ein eigenes Forum erstellen |