Waldfrevel

Ein hübsches Pärchen ging einmal
Tief in des Waldes Gründe.
Sie pflückte Beeren ohne Zahl,
Er schnitt was in die Rinde.

Der pflichtgetreue Förster siehts.
Was sind das für Geschichten?
Er zieht sein Buch, er nimmt Notiz
Und wird den Fall berichten.

Wilhelm Busch

Süß. Gut, dass es Aufpasser gibt.

Wupper-Wippchen

Als in Elberfeld wir in der Schwebebahn
Runter auf das Wupperwasser sahn
Und dann plötzlich unsre Blicke hoben
Gen einander ins Gesicht,

Hätten wir uns eigentlich verloben
Können. Doch wir tatens nicht.
Weil man manchmal in der Schwebe Schweigen
vorzieht. Um bald wieder auszusteigen.

Joachim Ringelnatz.

Abgang

Lawinen, die herunterkommen,
die haben sich nicht gut benommen.
So sagt zumindest, wer im Tal
verschüttet wird in stiller Qual.

Doch droben, wo der Gipfel wacht,
da heißt es:“Bravo! Gut gemacht!
Du hast viel Last von mir genommen.
Ich fühlte mich schon ganz beklommen

von all den Massen harschen Schnees,
die nun am Ufer dieses Sees
ein Dorf spontan beendet haben.“
So sprach der Berg, und die Lawine
hört dieses gern – trotz eisger Miene.

Julius Moll

Die sieben Schritte

Im Krankenhaus: Ein Mann mit tropf-
Nassem Pyjama stieg aus dem Lift
& ging mit wilden Augen wie ein Uhu

An der Pförtnerloge vorbei ins Freie.
Sein Leben, wie es stank & krachte!
Und oben zogen tatsächlich saudumme

Vögel ihre Achter, interessierten
Sich wie immerfür alles & nichts.
Sofort kam Ordnung in die Dinge.

Erwin Einzinger

Herbstmorgen in Holland

Die Nebelkuh
am Nebelmeer
muht nebel mei-
nem Bahngleis her

nicht neben, denn
wo Nebel fällt,
wird auch das n
zum l entstellt.

Erich Fried

Die Trichter

Zwei Trichter wandeln durch die Nacht.
Durch ihres Rumpfs verengten Schacht
fließt weißes Mondlicht
still und heiter
auf ihrem Waldweg
u.s.
w.

Christian Morgenstern