Das ist ja nun zu dumm: Falsch abgebogen!
Und diese Stadt, von der man nie gehört,
so leer, als seien alle Leute ausgeflogen.
Zumindest lebt sich’s hier recht ungestört.
Das Kopfsteinpflaster stammt aus fernen Zeiten,
an die sich hier kein Mensch erinnern kann.
Behutsam tritt man drauf. Hier lernt man schreiten.
Und Schritt für Schritt geht es dann doch voran.
Man sieht Gardinen sich ganz still bewegen.
Nach Rotkohl riecht es und nach Kellermief.
Als Fremder fühlt man sich hier ungelegen,
uns scheint‘s, hier spielt ein jeder Detektiv.
Die Stadt hat eine Kirche und sechs Läden,
für Tote hat der Friedhof kaum noch Platz.
Man liest, hier waren damals Schweden -
Gesprächsstoff heute noch für einen Schwatz.
Ja, Wetter gibt es. Wenn auch bloß in Maßen.
Man staunt: Der Himmel sieht ganz anders aus!
Gemächlich schlendert man durch enge Straßen,
besichtigt kritisch Markt und Haus für Haus.
Ganz plötzlich steht man draußen vor den Toren.
Nun sieht man erst, wie klein sie ist, die Stadt,
ein Punkt in weiter Landschaft, wie verloren.
Und puh, das Rumgelaufe hat man satt.
Hier auf dem Land geht es nicht ohne Regen.
Man zückt den Schirm, man denkt schon an zu Haus,
fühlt sich der Gegend reichlich überlegen,
setzt sich ins Auto, schimpft und nimmt Reißaus.
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Ja, es gibt noch solche Orte, an denen die Zeit ihren Dornröschenschlaf hält, Angelika.
Und auf so alten Kopfsteinpflaster muss man die Füße wieder heben, beim Gehen.
Deine Eindrücke finde ich sehr gut wiedergegeben, auch dieses beklemmende Gefühl gefällt mir,
dieser Blick über die Schulter.
Jonny
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Naja, Jonny, immer dann, wenn ich in so einer kleinen Stadt bin, frage ich mich: Würdest du hier wohnen wollen? Gemütlich ist es ja meist, die Landschaft meistens wunderschön, aber sonst? Diese kleinen Städte haben oft eine aufregende Geschichte in der Vergangenheit gehabt, und heute sind sie nur noch Wohnort für Leute, die entweder gern in die Großstadt ziehen würden, oder für Leute, die die Großstadt hassen, was sie dann den Großstädtern bei Gelegenheit aufs Butterbrot schmieren. Automatisch verringert sich der Wahrnehmungskreis in solchen Städtchen.
Danke fürs Reinsehen, Jonny.
Angelika
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Eine schöne Idee, bei der sich jeder automatisch fragt: Stadt oder Land?
Leider kann man sich das nicht immer aussuchen, aber ich persönlich brauche nicht das ständige Geschrei um mich rum und würde lieber, wie in meiner Kindheit, auf dem Lande wohnen.
Kleinstadt finde ich eher doof. Entweder Großstadt oder Bauernhof, für beides hätte ich für mich Argumente. Der Kleinstadtmief ist oft in den Köpfen der Menschen, das gefälligst ein Anpassen erfordert. Da genieße ich die Anonymität der Großstadt schon als „Freiheit“.
Auf dem Land hingegen sind die Kontakte dauerhafter und herzlicher.
Du siehst, dein Gedicht hat zum Nachdenken angeregt.
Sirius
Reset the World!
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Ja, Sirius, mir geht es auch so. Ich finde Kleinstädte immer sehr idyllisch, man hat die Natur nahebei, aber man bevorzugt letzten Endes doch zwar nicht die "Freiheit", aber die Anonymität vor allem des Hochhauses, die allerdings ein falsches Gefühl von Freiheit gibt, hat eben auch ihren Vorteil. Bauernhof wäre mir zu arbeitsaufwendig. Sicher, es macht Spaß, wenn man sich mal so richtig ausarbeiten kann, aber es ist Pflicht auf dem Bauernhof. Als Großstädterin kann ich mich mit vielen Angelegenheiten ausgiebig beschäftigen, während wenn ich allein auf Muskelarbeit setzen würde, doch eine gewisse Interesselosigkeit an Welt Raum greift. Deshalb galten ja Bauern auch durch die Jahrtausende als unintelligent. Das waren sie nicht, sie hatten nur nicht die Gelegenheit, ihre Intelligenz ausbilden zu können. Aber, wie gesagt, ich bin froh, in Berlin leben zu können. Auch wenn ich manchmal einfach nur einen Brechreiz über so manches kriege.
Angelika
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