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RE: Gedankentauschbörse

#1 von Jonny , 16.09.2017 18:44

Karle, du hast mich auf eine Idee gebracht.
Mit deinen Gedanken zum Thema "Kitsch".
Mir ist schon öfter aufgefallen, dass in manchen Gedichten oder Texten Meinungen nicht wirklich ausgetauscht werden,
weil sie den Text, oder das Gedicht versenken.
Vielleicht können wir ja hier - außerhalb dieser Beiträge - über das eine oder andere mal laut nachdenken...
Sachlich natürlich.

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RE: Gedankentauschbörse

#2 von Sirius , 16.09.2017 20:00

Das ist eine sehr gute Idee, Jonny. Eine Diskussion über Kitsch und Lyrik und die Nuancen dazwischen, aber auch über bestimmte Gedichte, die wir ruhig zeilenweise auseinandernehmen können, finde ich ganz sinnvoll und bringt uns alle nur weiter.

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RE: Gedankentauschbörse

#3 von Karl Ludwig , 16.09.2017 20:37

Möh. Das riecht ja nach Arbeit.

Gut. Ich definiere mal Kitsch: Wurde und wird oft zu Unrecht so genannt, wie es den Beatles oder Mickey Mouse geschah.

Zeitgeistopfer! Oder hängt sich noch wer einen gobelinröhrenden Hirsch an die Wand? Sitzt jemand auf Korbstühlen aus geflochtenem Plastikbändern und gebogenen Gestellen aus Eisenstangen?

Nun ist es aber so, dass lilafarbene schielende Stoffesel mit Strohhut als Souvenir aus Spanien ganz bestimmt in die Kategorie Kitsch gehören, egal welcher Zeitgeist gerade vorherrscht.

Und wenn Helene Fischer Metallica singt ist das auch nicht unbedingt Kunst.

Wenn ich Liebe auf Triebe und Hiebe reime, dann ergibt das ohne weiteres Hinschauen totalen Kitsch.

Allerdings ist mancher Kitsch so kitschig, dass er schon wieder schön ist. Meine Porzelankatze mit Riesenaugen und langen Wimpern zum Beispiel.

Kitsch ist irgendwie kein nettes Wort und man sollte es in seinen Rezensionen möglichst selten verwenden.

Kitschig sind die meisten Liebeslieder der Schlagerbranche mit Texten wie: Duhuhu, Du alleinkannst mich versteh'n. Duhuhu, Du darfst nie mehr von mir geh'n.

Kitschig sind diese Zigarettenspender aus den 60'er Jahren, wo ein Vogel aus Plaste mit seinem Schnabel eine Fluppe mit Klimazone und Aktivkohlefilter aus der Schütte holt.

Übr.: Kitsch habe ich in diesem Forum vergeblich gesucht, also muss ich wieder mal selber ran:

Ich bin Dein Mond und Du meine Sonne
Nachts leuchtest Du mich dann
voller Wonne
an.

Nee, ich glaube das ist eher Schund.

Ihr könnt nicht mit mir rechnen, wenn es um Textanalyse geht. Wenn ich mit einem Text hier nichts anzufangen weiß, kommentiere ich ihn einfach nicht. Oft kommentiere ich auch nicht, obwohl der Text mich anspricht, weil mein Wortschatz begrenzt ist, jemand anderes schon alles dazu gesagt hat oder weil ich mitten in einer anderen Geschichte bin und den Faden nicht verlieren will. Man kann auch nur eine begrenzte Anzahl Schulterklopfen verteilen, außer Sirius, der wirklich JEDEN Beitrag registriert und dem auch immer etwas dazu einfällt.


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RE: Gedankentauschbörse

#4 von Jonny , 17.09.2017 11:33

Mir geht es ähnlich, Karle.
Ich sitze manchmal vor einem Gedicht oder einem Text und möchte gerne ein paar Zeilen daruntersetzen.
Nur fehlen manchmal die passenden Worte um es angemessen zu kommentieren.
Gefällt mir ohne Zugabe ist mir manchmal zu wenig.
Und manchmal befürchte ich auch, dass (was mir öfter passiert ) ich mit meiner Interpretation danebenliege,
und lasse es. Aber Gedichte auseinandernehmen - nein, so habe ich es nicht gemeint.
Ohne Verbesserungsvorschläge zu erzwingen auch mal vom Thema abkommen und den Faden weiterspinnen,
vom eigentlichen Text abwandern wie Karle sein wonnevoller Mondschein...
Das ist doch eigentlich eine schöne Vorgabe:

Der Mond, der von der Sonne träumt...

 
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RE: Gedankentauschbörse

#5 von Sirius , 17.09.2017 18:09

Ich antworte morgen, Jungens, aber freue mich, dass ihr schon mal angefangen habt. Muss jetzt, sonst gibts was mit der Siebensträhnigen.

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RE: Gedankentauschbörse

#6 von Sirius , 21.09.2017 00:32

Hier sind doch viele Themen zusammengefasst und das macht auch nichts, es soll ja locker bleiben.
Mit den kitschigen Dingen gebe ich Karl Ludwig recht. Der „Angler am Weiher“ über dem Plüschsofa ist nun mal arger Kitsch. Auch der Wackeldackel (Kult-Kitsch) und die gehäkelte Ballerina über der Klorolle im Auto.
In den Bollywoodläden steht eine Armee von Kätzchen jeder Art, die mit dem rechten Arm grüßen.
Die Schlagertexte sind oft unterirrdisch kitschig.
Textanalyse geht hier, das war auch ein berechtigter Vorwurf von Richard. Nur wir „Künstler“ sind verschieden und vor allem verschieden sensibel. Manchmal ist ein Text einfach gut und mehr gibt es nicht zu sagen, alles ist selbsterklärend, da braucht es keine Analyse. Bei den „modernen Gedichten“ empfindet man eine Analyse oft als beleidigend, das ist ein schwieriges Feld der Interpretation. Warum das so sein muss, weiß ich nicht. Mit den meisten modernen und angeblich zeitgenössischen Gedichten in den Buchläden kann ich nichts anfangen. Mitunter werden nur irgendwelche Konstrukte aneinandergereiht.
Kitsch ist das, was Karl Ludwig schon ansprach. Darunter fallen auch viele Tagebuch-Gedichte, die es in anderen Foren zuhauf gibt, meist von jungen Mädchen, die ihrer ersten Liebe hinterher trauern. Die sind oft grottenschlecht. Nur weil es sich hinten reimt, ist es noch lange kein Gedicht.
Und nur weil sich Herz auf Schmerz reimt, muss es noch kein Kitsch sein.
Der Kitsch verfängst sich nur meist in wenigen oder gar nur einer Zeile, die über das Lyrische hinausgeht wie hier (von mir!):

„Und nachts träumen die Sterne von meiner Königin“

Das ist etwas zu heftig, aber die Gratwanderung zwischen Lyrik und Kitsch ist immer da.
Nur Gefühl in ansprechenden, auch romantischen Worten, zu zeigen/schreiben, empfinde ich persönlich nicht als Kitsch, wenn es nicht diese „Duhuhu, du fehlst mir“-Platitüden gibt.
Auf irgendeine Weise muss man ja romantische Liebesgedichte schreiben dürfen. Es sind die Metaphern, die über Kitsch und Lyrik entscheiden, und Reime müssen gar nicht sein, auch romantische Prosa finde ich schön.

Mit den Kommentaren ist es schwer. So manches Gedicht hat wahrhaftig einen ausführlichen Kommentar verdient. Aber dann habe ich keine Zeit oder auch keine Lust, weil ich schon den ganzen Tag geschrieben habe, beruflich, privat, und dann mag ich nicht mehr. Oder weil mein Kopf leer ist, es mir nicht gut geht, mir nichts sinnvolles einfällt. und dann muss das arme und gute Gedicht unter einem „Gern gelesen“ leiden. Aber das ist doch besser als gar nichts, und ehrlich ist es auf jeden Fall.

Und ich bin Jonnys Meinung: Wenn sich die Gelegenheit ergibt und es zu einem Gespräch kommt, egal was es ist, und wenn nur geblödelt wird, dann darf man auch mal ablenken vom Thema, ein Forum soll doch auch Spaß machen. Und der Respekt gegenüber dem eigentlichen Werk geht dabei nicht verloren, auch wenn mancher das denkt.

Sirius


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