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RE: Der Zuhörer

#1 von Karl Ludwig , 26.03.2018 11:46

Ganz allgemein: Die Welt ist ja voll mit Leuten, die etwas zu erzählen haben. Schriftlich oder mündlich, meinetwegen auch in Knoten- oder Keilschrift. Gezwungenermaßen ergibt sich daraus ein Mangel an Menschen, die zuhören wollen. Diese Marktlücke füllen entweder Gesprächstherapeuten und Psychoanalytiker aus, oder, ganz speziell für Leute mit schmalem Geldbeutel, halt der nächste Beste und der bin ja gefühlte Meistens immer ich. Ein Forum kann diesen dumpfen Drang nicht gänzlich ausfüllen.

Ein gewisser Herr Zöhl betreibt eine Praxis als 'Der Zuhörer' und verdient damit bestimmt mehr als ich Plem bin (Natürlich musste ich für die Überschrift erst mal recherchieren, ob es so ein Werk schon gibt und – hurrah – bis gerade gab es das noch nicht. Also melde ich hiermit Erstansprüche, Musterschutz, Titelrecht und Pipapo an). Ich kann mit interessiertem Gesicht zuhören und Sätze leicht verdreht wieder zurückwerfen, darin bin ich fast so gut wie ein durchschnittliches 'Most-Human-Programm'.

Nicht ein einziger Sausack bietet mir etwas Geld für die Entsorgung seiner emotionalen Umweltemissionen an, darum also muss mein erwartungsvolles Gesicht fürwahr doch ganz bestimmt von Herzen kommen.

Und was die Leute alles so beschäftigt. Fast immer klingt Empör- und forcierte Erwartung durch. Und dann auch noch die Erwartenerwartungshaltung – ab da hilft nur noch ein Flammenwerfer. Ich aber senke zustimmend den Kopf und denke heimlich: Ist doch völlig egal was ich mir dazu denke. Vermutlich ist es auch ganz doll besser, wenn ich nun nicht thematisiere, dass mir dazu nichts mehr einfällt. Und so nicke ich emphatisch, ziehe ein offenes und unehrliches Gesicht, lächele aufmunternd – immer dann, wenn ich vermute, dass das gerade so von mir erwartet wird.

Ich höre zu und das scheint zu verblüffen. Dabei ist es doch ganz einfach. Man darf nur nicht sofort losplappern, bloß weil der andere gerade Luft holen muss. Man schweige einfach schlicht und einfach. Dieser Reaktion sind die meisten Leute nicht gewachsen und kommen aus dem Takt. Akustisches Vakuum macht Ihnen Angst. Man sieht sie förmlich fieberhaft über eine Fortsetzung nachdenken: „Ach ja … und der andere Bruder, der mit dem Hinkebein, dessen Frau hat …“ Nein, dass ist mir zu klassisch. „Ach ja … und dann gab die Batterie meines Handys mitten im Gespräch ihren Geist auf.“ Auch leicht out! „Ach ja … Mein Tablett hat mich ausgesperrt.“ Irgendwie so was, denn jeder Moment ohne Schwachsinnsgewäsch ist ja ein vergeudeter Moment.

Schriftliches Schwachsinnsgewäsch ist übrigens nicht so nahe dran an Körperverletzung wie mündliches. Hier hat der Leser nämlich die Chance zu behaupten, da stünde bei ihm zu Hause noch was auf dem Herd, ich bekomme das immer erst übers Herz, wenn meine Ohren abzufallen drohen.

Bitte? Der Leser kann jetzt nicht mehr weiterlesen? Er hätte noch was auf dem Herd? Na, dann kann ich ja aufhören zu schreiben.


Zehn Weise können nicht einen Idioten ersetzen!

Karl Ludwig  
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RE: Der Zuhörer

#2 von Sirius , 26.03.2018 22:16

Ich verstehe, was du meinst, Karl-Ludwig, ich bin nämlich auch gelernter Zuhörer.
Wobei ich mich frage, wie du das empathische Nicken anstellst. Zuhörer ist ein scheiß Job und kostet Zeit. Generell werden dafür nur Idioten gebraucht, denen man sonst keine andere Funktion zutraut oder von ihnen erwartet – als das Zuhören. Ich hab das bei einer alten Kommode gelernt, meiner Vorgängerin, die auf diesem Gebiet unschlagbar war.
Leute, die dafür Geld bekommen, sind ja keine „echten“ Zuhörer und werden auch gemieden.
Ich höre dir ja jetzt sozusagen auch zu, auch wenn der Text nicht gesprochen, sondern auch noch gelesen werden muss, was die Tarifoptionen noch aufwändiger machen würde.
Und ich kann es nicht mal beim Nicken belassen, alles auf dem Herd brennt mir an (alle Zuhörer haben einen annen Herd!), ich antworte auch noch, was ich mir im persönlichen Gespräch ersparen würde. Deshalb bin ich von einer Kommode kaum zu unterscheiden.

Deine Satire, die mehr klingt wie mein Lebenslauf, hat mir also wieder ausnehmend gut gefallen und mein empathisches Nicken ist dir sicher.

Sirius


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RE: Der Zuhörer

#3 von scrabblix , 26.03.2018 22:23

Jungs, eins muss ich euch jetzt mal sagen: Ihr seid ein tolles Team!

Ihr solltet damit auftreten, aber nicht als Zuhörer!


Schenke der Welt mein Lächeln,
morgen lächelt sie zurück.

 
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