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RE: Ethnobotanische Pharmakologie

#1 von Karl Ludwig , 19.01.2016 08:50

(Aus der Schublade)

Für mich fing diese Geschichte an, als der Postbote meinem Nachbar ein Päckchen von einem Versandgeschäft für ethnobotanische Raritäten zustellte. Mein Nachbar ist zwar Landschaftsgärtner, aber trotzdem noch ganz fit. Sogar im Kopf. Er lud mich ein auf eine Probe, im Rahmen der experimentellen Grundlagenforschung. Wir stellten den Karton zwischen uns auf den Küchentisch. Dann verschnitten wir Schlangenwurzel mit Tigerkraut und stopften uns damit ein Kawumm. Zwanzig Minuten später ergab sich folgender Dialog (Zwischen den einzelnen Sätzen wurde viel geschwiegen):
„Merkst Du schon was?“
„Nö. Du?“
„Ich merke nix. Lass uns mal den mexikanischen Wahrsagersalbei antesten. Zusammen mit Giftlattich und Ibogawurzel.“
„Hm, hier steht, dass Giftlattich wie mildes Opium wirken soll…“
„Dann pack ganz viel von davon hinein.“
„…, aber nur der getrocknete Saft, wenn er geraucht wird. Nicht die Blätter.“
„Kratzt im Hals. Schmeckt stark nach Baldrian mit Katzenfell.“
„Willste ‘ne Betelnuss?“
„Danke. Aua! Bist Du verrückt? Das Ding ist ja steinhart. Und ohne Kalk funzt das eh nicht.“
„Merkst Du schon was?“
„Nö.“
„Hm. Da steht, dass die Wirkung innerhalb von 10 Minuten schlagartig einsetzt, oder man wurde schon wieder beschissen.“
„Setzt aber nicht ein.“
„Dann wurden wir wohl schon wieder beschissen. Hier, Damianablätter. In der Liste gekennzeichnet als A und S, das bedeutet…, ach da…, das bedeutet „Aphrodisiakum“ und „stimulierend/anregend“.“
„Nö, ohne Weiber ist das irgendwie kontraindiziert.“
„Dann werden wir nun einen heftigen Joint mit aztekischem Traumkraut verkosten. Soll wie LSD wirken.“
„Gib her.“
„Merkst Du was?“
„Nö.“
„Hmm. Vielleicht merkst Du ja was, aber Du merkst es nicht.“
„Ach was. Das würde ich doch merken.“
„Ja, aber wenn Du nicht merkst, dass Du was merkst?“
„Wenn ich was merken würde, dann müsste ich das doch merken. Also merke ich nix. Klar?“
„Wat’n dat für ‘ne Logik? Ich glaube fast, Du merkst heimlich was. Ich fresse jetzt den Kaktus auf.“
„Lass den armen Peyote in Ruhe. Der ist noch viel zu jung. Das wäre kullinarischer Inzest mit einem Schutzbefohlenen. Den will ich zum Stammvater küren…“
„Lobelienkraut?“
„Und welche Wirkung soll das mit sich bringen?“
„In der Liste mit P, R und S gekennzeichnet. Das bedeutet…äh…ach da… „berauschend bis psychedelisch, Räuchermittel, stimulierend/anregend“.“
„Wir haben Nichts, was gleichgültig macht?“
„Mir doch egal. Da, auf Lunge…“
„Du weisst, dass sich das, was wir hier gerade machen, hart am Rande der Legalität bewegt?“
„Klar, steht auf jedem Begleitzettel. Nur als Anschauungsmaterial zu verwenden. Es lebe die subversive Internationale! Merkst Du was?“
„Nö! Du?“
„Kein bischen. Hmmm… Bilsenkraut-Stechapfeltee?“
„Nein, nein, das klappt so nicht. Da musst Du eine Salbe von davon machen, mit Menschenfett, und bei Neumond unter die Fußsohlen schmieren, dann kannst’e fliegen.“
„Wo soll ich denn auf die Schnelle Menschenfett hernehmen? Und einen Neumond? Was haben wir denn da noch…“
„Samen von Goldmohn, Stachelmohn und Schlafmohn…“
„Die Schlafmohnsamen sind beschlagnahmt. Die kommen in den Garten. Der Rest dazwischen. Zur Tarnung.“
„Hast Du denn eine Anbaugenehmigung?“
„Klar. Sogar selbst erstellt.“
„Dann ist ja gut. Du, ich merke immer noch nix.“
„Oh, ich merke was.“
„Halleluja. Es wirkt. Is schön? Hey, wo rennst Du hin?“
„Huuualp…“
„Hört sich nicht schön an. Soll ich Dir einen magenberuhigenden Tee machen. Aus Hopfenblüten?“
„Bluuurch…“
„Deine Mutter würde sich jetzt Sorgen machen.“
„Röööh…meine…Mutter…würde…mir…einen…gru glwrgl…in…die…Fresse…hauen…Ckrrrurrrch.. ., – bah aber auch. Roll mal einen ganz normalen Joint mit ganz normalem Grass. Aus mir wird wohl nie ein Naturkostfan werden. Alles, was keine ordentliche Pillenform hat, ist Humbug. Du, kannst Du mal der Zimmerdecke da sagen, dass sie aufhören soll mit damit, hier die Wände runter zu rutschen? Das gibt nur Ärger mit dem Vermieter…“
„… und dass das Chillom Haare kriegt, finde ich irgendwie auch nicht richtig. Hast Du Eier?“
„Ja. Warum?“
„Dann können wir uns ein Omelett zubereiten. Mit Magic Mushrooms. Wie damals in Kathmandu. In diesem Duftkissen hier sind Psylopilze.“
„Oh Gottogottogott. Ich bin eine Randgruppe. Verfemt, sozial auffällig, ungünstige Psychoprognose…“
„Aber ich doch auch. Da, Sandelholzräucherstäbchen, schenk’ ich Dir…“
„Danke. Schnüff. Sandelholz und Schach passen ja irgendwie gut zusammen, nur mal so als unsinnige Zwischenbemerkung. Eier sind im Kühlschrank.“
„Ja, gut, super. Pfanne… die Decke hat das An-den-Wänden-runter-rutschen eingestellt, Öl… dafür werfen die Wände Blasen, Salz… die Bausubstanz scheint ‘nen Schlag abgekriegt zu haben, Schüssel… und Glühwürmchen hat’s hier auch, Gabel…“
„Ach hör’ doch auf. Du merkst was und gönnst es mir nicht.“
„Ich merke nix.“
„Wohl merkst Du was.“
„Nö.“
„Doch.“
Literarisch Höherwertiges gab dieser Tag dann auch nicht mehr her. Aber vermutlich habe ich mich dennoch ganz köstlich amüsiert…

Liebe Kinder,
auf ein ernstes Wort. Obige Geschichte soll eine Satire sein. Satire operiert mit Elementen der Verzerrung wie: Überspitzung, das-Gegenteil-meinen-von-dem-was-man-sagt, loben was man anprangert, – man denke nur an die Leichenrede von Mark Anton auf Cäsar: „…, denn Brutus ist ein ehrenwerter Mann.“ (Obwohl, das war ja eigentlich gar keine Satire, sondern ein Meilenstein in der Geschichte der politischen Rhetorik per se) Und falls es nicht Satire sein sollte, dann ist diese Geschichte zumindest fiktiv-authentisch. Keineswegs will ich die schrecklichen Gefahren von Drogenmissbrauch verharmlosen und ganz bestimmt nicht zur Nachahmung aufrufen. Aber als stadtbekannter Exzentriker (aber normal, völlig normal) darf ich mir schon die ein oder andere Schrulle erlauben. IHR NICHT!!! Damit das – spätestens ab jetzt – auch völlig klar ist!


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RE: Ethnobotanische Pharmakologie

#2 von Karl Ludwig , 19.01.2016 09:34

Zu Viert saßen wir in der Gesprächstherapie. Der erste stellte sich vor: Ich heiße Popov, bin von Beruf Clown und leide unter Psychoschüben von Gelotosaevitia (Wut auf lachende Menschen). Der Zweite: Mein Name lautet Winzigmann, ich bin Koch und habe akute Anatidensuspicio (Die vermutlich berechtigte Vermutung, von Enten beobachtet zu werden). Der Dritte hieß dann eben Mayer und litt an einem Multiple Hippopotomonstrosesquippedaliophobiasyndrom (Angst vor den vielen viel zu langen Fremdwörtern).

Ich selber bin allerdings gesund: (Pathologische Hypersanussalubris Maxima) bis auf leichtes Mentalparkinson (Zittriges Denken) und Turbatioeminenste Omnipathie (Persönliche Persönlichkeitsstörung) und bin bloß auf Vorschlag meines zuständigen Sozialarbeiters in dieser freiwilligen Resozialisationsmaßnahme.

Winzigmann muss ob der beschönigenden Version meiner Bewährungsauflagen laut lachen und fängt sich eine Ohrfeige von Popow ein. Sofort erhebe ich Einspruch: „Popow, du darfst jeden verhauen, nur niemals nicht den Koch. Der steht nämlich später feixend in der Küche: Hähä, er hat’s gegessen…“

Der Psychiater gibt eine Runde Prozac aus, die würden ihm auch helfen. Winzigmann verfüttert jede Menge dieser Pillen an seine Enten. Popov jongliert damit und ich sacke mir heimlich eine Handvoll von davon ein. Mit ein wenig Opiumtinktur betropft, könnten sie sogar wirken…


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RE: Ethnobotanische Pharmakologie

#3 von Sirius , 19.01.2016 19:49

Lieber klsa,

das sind ja gleich zwei Satiren auf einmal und was zu lachen ist auch dabei.
Mehr noch, sie sind beide gar köstlich und sehr gelungen! Kompliment!

Sirius


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RE: Ethnobotanische Pharmakologie

#4 von scrabblix , 19.01.2016 22:15



Habe mich köstlich amüsiert, klsa! Danke dafür!

Lieben Gruß
scrabblix


Schenke der Welt mein Lächeln,
morgen lächelt sie zurück.

 
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