Ein kleines Schlaflied für Marcilius Tintenfuß
Nach einer gewissen Zeit lernen wir,
den feinen Unterschied
zwischen dem Halten einer Hand
und dem Anketten einer Seele zu erkennen.
Und wir lernen, dass Liebe nicht bedeutet,
sich zurückzulehnen,
und dass es nicht Sicherheit bedeutet,
wenn wir einen Gefährten haben.
Und wir beginnen zu lernen,
dass Küsse keine Verträge sind,
und Geschenke
keine Versprechen.
Und wir beginnen,
unsere Niederlagen zu akzeptieren,
mit erhobenem Haupt
und offenen Augen.
Und wir lernen,
alle unsere Wege im Heute zu bauen,
weil die Gelände des Morgen
zu unsicher sind, um darauf Pläne zu schmieden...
und die in der Zukunft liegen
pflegen nach der Hälfte einzubrechen.
Und nach einer gewissen Zeit lernen wir,
dass auch die milde Sonnenwärme brennt,
wenn deren zuviel wird.
So bepflanzen wir denn unseren eigenen Garten
und schmücken die eigene Seele,
statt darauf zu warten,
dass uns jemand Blumen bringt.
Und wir lernen,
dass wir wirklich aushalten können,
dass wir wirklich stark sind,
und dass wir wertvoll sind.
Und wir lernen und lernen...und mit jedem Tag lernen wir."
Jorge Luis Borges (1899-1986)
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