Warum nur so viel Hass?
Weil ich von der Philosophie maßlos enttäuscht bin. Sie ist nicht die ‚Edelste Beschäftigung des Geistes’. Sie ist dünkelhaft, selbstverliebt und völlig nutzlos.
Also schnappe ich mir einen der großen Denker nach dem anderen und nehme ihm des Kaisers Kleider weg.
Heute: Wittgenstein
'Die ‚großen philosophischen Probleme’ sind letztlich nur ‚Geistesstörungen’, die entstehen, ‚wenn man philosophiert'.
Gut gesagt. Guter Mann. Nur, warum versucht er es dann dennoch?
Aha! 'Weil sie zu fixen Ideen werden, denn der Philosophierende verrennt sich in seinem missbräuchlichen Sprachgebrauch', so schreibt Wittgenstein selber wortvergewaltigend in seinen philosophischen Untersuchungen. Ja, und warum behält er das nicht für sich? Schließlich wird er doch häufig entsprechend zitiert.
Ich recherchierte notgedrungen ein wenig für diese Schmähung eines Geistesriesen, und näherte mich diesem oft Zitierten (Worüber man nicht sprechen kann, darüber sollte man schweigen) indem ich mir erst mal bei Wikipedia einen Überblick verschaffen wollte. Da nimmt er viel Platz ein und die Interpreten, die bedauerlicherweise mit viel Worten dazu neigen, dem Wort eine höhere Wirklichkeit einzuräumen, als dem damit bezeichnete Ding, erklären die originellsten Sichtweisen auf Wittgensteins wirre Gedankengänge. Und widersprechen sich vehement, wo immer sie dem geschmettertem Wort auch noch einen Effet verpassen können.
Ich rate voller Unwillen von davon ab, sich überhaupt mit damit zu beschäftigen. Zu dazu sollte man diskreten Abstand wahren, wenn man keinen kognitiven Overflow riskieren will. Man kann auch in Anlehnung an seine Wahrheiten aus Kindertagen behaupten: ‚Wer das liest ist doof.’
„Die Auseinandersetzung der unterschiedlichen Lager geht teilweise über den in der Philosophie üblichen Schlagabtausch hinaus. Der von den resoluten Lesern als Galionsfigur der Standardinterpretation angesehene Peter Hacker nennt es nicht überraschend, dass die neue Interpretation wegen der heute verbreiteten postmodernen Vorliebe für das Paradoxe Anhänger findet. Während James Ferguson Conant, ein Hauptvertreter der resoluten Lesart, ironisch von einem „Schisma“ spricht und entsprechend die Anhänger der neuen Lehre „Ungläubige“ nennt, geht Rupert Read so weit, von „Tractatus-Kriegen“ zu sprechen.“
Ich meine ja nur. Das sind Menschen, wie Du und ich. Was, um Himmels Willen, ist bei denen verkehrt gelaufen?
Ich hatte natürlich im Laufe meines Lebens das ein oder andere populistisch aufgemachte Artikelchen in irgendwelchen Büchern oder Magazinen gelesen. Das reichte vollauf um in gewissen Kreisen in der Lage zu sein, auf entsprechende Anfrage die Augen zu verdrehen und engagiert verbindlich zum Gewäsch beizutragen: „Ja, meinetwegen war er nicht nur ein abgehobener Schreibtischtäter, sondern hatte sogar, wie Sokrates, freiwillig an Kriegen teilgenommen, was immer das auch beweisen mag, aber ein Kant war er bei weitem nicht.“ Meistens wechselt der Gesprächsgegner dann schnell das Thema, weil er Angst hat, sich zu blamieren. Kant allerdings, so als Umleitungsmanöver, sollte man ein wenig gelesen haben, um sich überzeugend über seine Definition von ‚Pflicht’ auf zu regen.
Ich weiß noch, wie ich in meiner Jugend auf der Suche nach verbindlichen Wahrheiten hinter all diesem interpretationsfreien Schwachmatenquatsch (obwohl ich das damals bestimmt nicht so eloquent vollendet formuliert hätte), in einem Reclamheftchen über die Existenz, bzw. Nichtexistenz von Tischkanten las. (Ich glaube, es war Nietzsche) Nachdem ich meinen Kopf wieder gefunden und erneut an der vorgesehen Stelle aufgeschraubt hatte, griff ich nach dem nächsten Exemplar ‚Philosophie für Idioten’. Das war etwas von Schopenhauer und die verwirrende Wirkung auf ein neugieriges, naives Hirn, - damals war ich 14 Jahre alt -, müssen desaströs gewesen sein. Ich beschloss offensichtlich Philosophen und ihre Philosophien zu meiden, diese Priester der mentalen Onanie. Das Leben selbst sollte mir gefälligst und direkt klar und deutlich machen, was wirklich zählt und was nur so tut…
(Das Leben zeigte sich dieser Prämisse durchaus gewachsen und zeigte mir erst mal, wie Demut funktioniert)
Erst Russel mit seinen Erläuterungen zu Einsteins Erkenntnissen in Hinblick auf ihre philosophischen Implikationen, machte mir den Mentalfandango wieder interessant. Seinen Lebensweg fand ich dynamisch, seine Fehlschlüsse sympathisch, so herrlich menschlich unvollkommen, auch wenn er als Aristokrat einen Negativbonus in Kauf nehmen musste.
Zurück zu Wittgenstein, dem Sprachphilosoph. Russel kommt vielleicht demnächst mal dran. So ein Verräter am selbst gepredigten Pazifismus.
Die Welt ist also nur mit sprachlichen Kategorien erfassbar? Was die Wirklichkeit dahinter ist, lässt sich nicht sagen? Ja, und warum versuchte er es die ganze Zeit?
Seht ihr? Nun bin ich auch infiziert. Ich will auch Mentalejakulat verspritzen. Was erzählt der Typ denn da? Ich hole mir einen Kiesel aus dem Garten: Das ist ein Stein. Hart. kühl, schwerer als Watte. Gut. Wenn ich aber nun kein Wort für ‚Hart’ kennen würde, dann könnte ich den Stein etwa nicht erfahren? Und das soll ich glauben?
Dann nehme ich mir das Wort: ‚Stein’ vor. Ist eine unvollkommene Bezeichnung für Etwas, das sich anfassen lässt. Eine Konvention. Klar, kann man getrost im Sprachgebrauch benutzen, aber nicht anfassen. Das Wort ist also weniger konkret als ein Stein. Und nun behandeln wir das Wort wie etwas, das sich anfassen lässt, als Manifestation. Und wenn wir nicht aufhören zu grübeln, kommen wir auf das Wesen vom Stein, auf den ‚Wirklichen Stein’ hinter seiner Erscheinung.
Also: Wir abstrahieren und behandeln dann das Abstraktum nach-, bzw. unzulässig. Und anstatt anschließend zu überlegen, ob man nicht besser etwas zurückrudern sollte, und der konkrete Stein vielleicht nicht doch etwas konkreter sein könnte, als das Wort ‚Stein’, setzen wir noch einen drauf und behaupten, das wahre Wesen vom Stein sei hinter seiner äußeren Erscheinung und dem Wort, - und deswegen solle man schweigen? Komische Überlegung…
Ich behaupte: Trugschluss! Eindimensionales Vertauschen von Ursache und Wirkung! Denn erst mal kommt die Wirklichkeit so ziemlich ohne Worte aus, dann lernt der Affe den Nachbaraffen anzuschnattern. Noch später, wenn es genügend Begriffe wie: "Du Arschloch" gibt, kann der Affe dann Germanistik studieren und Worte in nie zuvor gewagten Kombinationen verwenden. So wie Wittgenstein.
Können Babys etwa nicht mit Hilfe einer ‚Sprache Vor Der Sprache’ ein Lächeln als solches interpretieren, auch wenn sie das passende Wort noch nie gehört haben? Und beschreibt dieser Satz nicht die Wirklichkeit hinter dem Offensichtlichen? Haben Sprachgestörte keine Ahnung von dieser Welt, geschweige denn der Wirklichkeit dahinter? Was soll dieser Blödsinn mit der wirklichen Wirklichkeit hinter der Wirklichkeit? Seit wann ist die Wirklichkeit dem Wort ausgeliefert? Ist die stumme Wirklichkeit eines klaren Sternenhimmels weniger beeindruckend, als wenn mir jemand diese in Worte packt?
Könnt ihr Blödmöpse nicht einfach das Staunen, das große Wundern, als das belassen, was es ist? Der Satz des Fortschrittes lautet nicht: ‚Ich habe es gefunden’, sondern: ‚Das ist aber seltsam.’ Oft gefolgt von: 'Mal sehen, was passiert, wenn ich diesen komischen Knopf hier drücke.'
Sprachphilosophen. Pah!
Zehn Weise können nicht einen Idioten ersetzen!
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Recht hast du, klsa! Aber mit irgendeinem Dreck und mit bizarren Wortspielen müssen die „Philosophen“ ja ihr Geld verdienen, um die Wirklichkeit vor der Wirklichkeit zu genießen.
Nun bestimmen Gott sie Dank nicht irgendwelche Namen oder Bezeichnungen das, was wir Wirklichkeit nennen. Die Dinge sind da, auch wenn sie noch keinen Namen haben. Ein „Ding“ hat ja seine Eigenschaften nicht erst dann, wenn einer daherkommt, um diese zu benennen.
Die Wirklichkeit ist halt viel realer als die Philosophie dahinter.
Sirius
Reset the World!
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Mit großem Vergnügen bin ich deinen Ausführungen gefolgt, klsa! Und ja, ich glaube, du hast Recht!
Lieben Gruß
scrabblix
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morgen lächelt sie zurück.
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