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Heike Geißler: „Die Woche“

#1 von Sirius , 17.03.2022 16:20

Heike Geißler: „Die Woche“

Was die Montagsproteste mit unserer Gesellschaft machen

Heike Geißler ist mit ihrem Roman „Die Woche“ für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert. Im Mittelpunkt der Geschichte steht eine Frau, die von den Montagen traumatisiert ist, denn da wird in Sachsen immer demonstriert. Wie umgehen mit den Protesten?

„Vor Jahren fragte mich ein Psychiater, welcher Tag heute sei, und ich hatte keine Ahnung. Er sagte: Wäre es schlimm, wenn heute Montag wäre? Ich sagte, weil ich damals noch wenig über Montage und darüber, wie sie werden können, wusste: „Nein, das wäre nicht schlimm. Das wäre mir ganz egal.“ Es blieb aber nicht egal, im Gegenteil: In Heike Geißlers Roman „Die Woche“ erleben wir eine Ich-Erzählerin, die ein Problem mit Montagen hat. Montage können einem nicht egal sein, nicht in Leipzig und Sachsen, wo der Roman spielt, wo sie mit Protest konnotiert sind, seit sie 1989 das Ende der DDR einläuteten.

Wo es 2004, von vielen schon vergessen, mächtige Montagsdemonstrationen gegen die Hartz-IV-Reform gab. Wo Pegida zu Hause ist. Selbst die Corona-Spaziergänge der Impfgegner könnte man noch mitdenken – ohne dass der Montagsprotest im Buch je vereindeutigt würde. Das ist nur eine Stärke des Buches, das völlig zu Recht für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert ist.
Die Ich-Erzählerin, DDR-sozialisiert und proletarischer Herkunft, ist eine verheiratete Frau von vierzig Jahren, hat Kinder: „Da ich meinen Mann nicht in den Text lasse, muss ich nun die sein, die das Frühstück hinstellt, die Schulbrote schmiert.“ Das Buch ist auf eine gute Weise metafiktional und psychoanalytisch lesbar zugleich. Alle Kapitel in „Die Woche“ heißen nach einzelnen Wochentagen. Doch die erzählte Zeit ist unbestimmt, keine reale Woche. Wie ein Dämon drängelt sich immer wieder ein neuer Montag dazwischen, obwohl in der Erzählstruktur Dienstag ist und morgen entsprechend Mittwoch wäre.

Die „Montagsschwemme“ ist also etwas Traumatisches. Montage sind Tage, an denen Demos erlaubt sind, an denen man sich zu Gegendemos bereit macht. Sie sind etwas, das von einem Besitz ergreift, im Denken wie im Fühlen. Etwas, mit dem wir gesellschaftlich umgehen müssen. Etwas, mit dem die Ich-Erzählerin umgehen lernen möchte. „Wir sind aus der Zeit geflogen“, sagt sie einmal, und in diesem „Wir“-Modus spricht sie häufig, manchmal manifestartig über ganze Passagen und Seiten hinweg, was beim Wettbewerb um den Bachmannpreis 2021, zu dem Geißler eingeladen war, Unbehagen und enervierte Rückfragen in der Jury ausgelöst hat: Wer ist dieses Wir?

Weiterlesen:

https://www.welt.de/kultur/literarischew...en-Montage.html


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Sirius
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