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Wer zu viele Fragen über den mysteriösen „Nulluhrzug“ stellt, der wird irre oder verschwindet. Juri Buidas Parabel über das Leben in einem autoritären System ist hochaktuell. Eine Bahnlinie irgendwo in den sibirischen Weiten Russlands. Jede Nacht kommt hier um Punkt null Uhr ein mysteriöser Zug durch. Woher er kommt und wohin er fährt, weiß niemand. Auch was er geladen hat, ist ein Rätsel. Selbst die Arbeiter an der Station haben keine Ahnung, warum sie an den gottverlassenen Ort geholt wurden, um jede Nacht den Zug abzufertigen. „Ihr habt Euch nur um eins zu kümmern: dass die Gleise in Ordnung sind. Von da bis da. Auf den Punkt.“ Das hat man ihnen aufgetragen.
Der Protagonist Iwan Ardabjew – ein Waisenkind, die Eltern „Volksfeinde“ – hält sich strikt an diese Order: „Befehl – das war die Heimat.“ Doch nicht alle Kameraden schaffen es wie er, der Macht treu ergeben das Gehirn auszuschalten. Da ist Mischa, der Mann von Iwans begehrter Esther, der den Verstand verliert und eines Tages verschwindet. Da ist sein Wahlbruder Wassja, der sich in seiner Kammer einschließt. Da ist Aljona, seine spätere Geliebte, die sich vor den Zug werfen wird. Nur Iwan, der Domino-spielende Frauenheld, überlebt, indem er seine Pflicht erfüllt und die quälende Frage nach dem Sinn wegschiebt. Leben als reines Überleben.
Juri Buidas Anfang der 1990er erschienener Text ist eine Parabel über die Existenz in einem totalitären System. Der alles zermalmende Zug ist ein Symbol des 20. Jahrhunderts. Doch die Erzählung liest sich aktuell: Es geht um Menschen, die auf ihre Funktion reduziert werden. som