Wir achten hier auf den Datenschutz. Insbesondere auf die Privatsphäre unserer Mitglieder.
Wer sich nur anmeldet, um am "Küchentisch" mitzulesen oder nur Mitgliederlisten einsehen will, wer nur Spam posten möchte und nicht auf meine PNs reagiert, den lösche ich wieder.
Alexander Osangs Familienroman liest sich wie eine Abrechnung
Ich wollte wissen, warum ich nicht glücklich werden kann, warum ich ständig wegrenne. Ich begann, ein Buch zu schreiben, das die dunklen Ströme auslotet, die unter meinem Leben fließen. Eine Reise zu den Dämonen meines Geschlechts“, schreibt der Schriftsteller und Journalist Alexander Osang in der eigenen Spiegel-Kolumne über seinen neuen 600 Seiten starken Roman. Selbst wenn man die Osang eigene Ironie abzieht, bleibt ein Anspruch von geradezu existenzieller Dramatik.
Osang folgt der Geschichte seiner Großmutter mütterlicherseits und setzt ein mit der Ermordung ihres Vaters durch einen von der Geheimpolizei aufgehetzten Mob während vorrevolutionärer Auseinandersetzungen im Jahre 1905: „Sina Krasnowa schob die letzten Scheite in den Ofen, als sie draußen in der Stadt ihrem Mann einen Holzpfahl in die Brust schlugen.“ Von da an begleitet er seine Großmutter Jelena, später Elena, das Mädchen mit den leuchtend roten Haaren, auch Füchslein genannt, durch die Sowjetunion. Nach der Flucht vor ihrem Stiefvater, der sie regelmäßig vergewaltigte, heiratet sie den deutschen Unternehmer Robert Silber, der die junge Sowjetmacht bei der Entwicklung ihrer Textilindustrie unterstützt: „Der Deutsche hatte dunkle Haare, dunkle Augen und roch phantastisch. Er roch nach Süden, dachte Jelena. Der Mann schien einem Abenteuerroman entstiegen zu sein – ein Georgier eher oder ein Spanier.“
Gemeinsam fliehen sie schließlich im Stile einer Netflix-Serie mit dem Flugzeug ins nationalsozialistische Deutschland: „Sie fragte sich, ob die Verfolgungsjagd Teil der Inszenierung gewesen war. Die Schüsse, die Pistole, die Eile. Sie hatte keine Toten gesehen, kein Blut und keine Verfolger, fühlte sich aber, als sei sie noch einmal davongekommen.“