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1 × Pizza ohne alles

#1 von Sirius , 07.10.2020 17:24

1 × Pizza ohne alles
Darius Kopp ist ein Antiheld, wie er im Buche steht. Im Abschluss von Terézia Moras Trilogie kriegt er die Kurve

Er hatte sich aufgegeben, nach einer jahrelangen Verlustgeschichte. Erst verliert er seinen Job in der IT-Branche, wenig später begeht seine Frau Flora Suizid. Um all dem Unheil irgendwie zu entfliehen, reist Darius Kopp nach Ungarn und bleibt schließlich nach weiteren Stationen in Sizilien hängen. Er ist ganz der Anpassungsmensch. Und was geht in Italien immer? Pizzabacken. Mehr als Mittelmaß war in Darius Kopps Leben, das die Büchner-Preisträgerin Terézia Mora schon in zwei dicken Romanen entfaltet hat, bislang nicht drin. Erst mit ihrem just erschienenen Roman Auf dem Seil, dem Abschlussband der Trilogie, gewährt sie ihrem glücklosen Hallodri eine erlösende Schicksalswende.

Denn die sich überschlagenden Ereignisse zwingen den Protagonisten dazu, aus seiner Lethargie aufzuwachen. Und wiederum zeigt sich eine Frau dafür verantwortlich, nämlich Kopps 17-jährige Nichte, die ihn unversehens auf der Insel aufsucht. Sie ist attraktiv, pubertär und – zu allem Überfluss – schwanger. Lore oder auch Lorelei zieht, gemäß dem symbolträchtigen Namen, die Männer in ihren Bann. Kopp muss hingegen widerstehen und Verantwortung übernehmen – eine Eigenschaft, vor der er sich seit jeher gedrückt hat. Indem er nach Berlin zurückkehrt, wo er eine Bleibe für Lore finden muss, ferner alte Schulden abzahlen, entdeckt er auch für sich selbst neue Perspektiven – er ist jetzt 50 Jahre alt.

Mora lässt ihre Hauptfigur die klassische Heldenreise des Epos durchlaufen. Um zur inneren Reife zu gelangen, muss der Protagonist vielfältige Krisen und Rückschläge bewältigen. Dabei erweist er sich ganz als Kind des globalisierten Zeitalters, worin sich die Folgen des eigenen Handelns nicht selten fernab des eigenen Blickfeldes bemerkbar machen. Bereits im Auftaktroman Der einzige Mensch auf dem Kontinent setzte die Autorin dafür auf eine experimentelle Ästhetik. Raffiniert durchbricht sie immer wieder die Ich-Perspektive Kopps durch einen im Abstrakten bleibenden Erzähler. Der hüpft von einer Figur zur nächsten, lässt sich nicht greifen. Wie ein supranationales, dezentrales und wolkenartiges Gebilde schwebt er über allem.

Weiterlesen:

https://www.freitag.de/autoren/der-freit...izza-ohne-alles


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Sirius
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