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Jovana Reisingers Roman "Spitzenreiterinnen" erzählt mitten aus den dummen, leeren Herzen der patriarchalen Gesellschaft. Es ist ein erfrischend fatalistisches Buch.
Da Literatur meistens von unfrohen Menschen handelt, erzählt dieses Buch von unglücklichen Frauen. Sie sind Stockfotofrauen oder Sportwagenwitwen, Aushilfsgaleristinnen, bald Verheiratete oder schon wieder Verlassene, oder sie sind anderweitig traurig und warten auf die Stunde der wahren Empfindung oder was ihr wenigstens ähnlich sieht.
Die Frauen in Spitzenreiterinnen heißen wie all diese Illustrierten vom Bahnhof: Tina, Barbara, Lisa, Laura, Brigitte, Jolie oder Petra. Und all ihre Episoden, die im sonnigen, gutbegüterten bayerisch-österreichischen Milieu spielen, sind in ihrer Zudringlichkeit sehr komisch, weil Jovana Reisinger eine auffällige Begabung fürs Bösartige hat, dazu muss sie nur das Wetter beschreiben: "Ein Jahrhundert-, ach nein, ein Jahrtausendsommer soll das heuer werden. Jetzt sterben wieder richtig viele alte Leute an Herz-Kreislauf-Versagen und andere stolpern beim Wandern und wieder andere fahren gegen Bäume oder werden allzu schnell besoffen."
Reisinger, 1989 geboren, hat Filme und Musikvideos gedreht, sie schreibt auch eine Kolumne in der Modezeitschrift Vogue. Und ihr Buch liest man auch mit dem Gedanken an das schlechte Buch, das es hätte werden können: Unter konfektionierten deutschen Gegenwartsliteraturbedingungen wäre jede Episode wohl ein einzelner Roman geworden, mit knöchernem Ernst und der handelsüblichen Melancholie, die bei Thalia an der Kasse liegt. Glücklicherweise hat Jovana Reisinger keinen gewöhnlichen deutschen Roman geschrieben.