Der Geldmengenwahn und die Realität
In den vergangenen Monaten haben wir uns leider schon einige Male mit der Konfusion um die „Inflation“ und die „Geldmengen“ auseinandersetzen müssen. Es wird aber nicht besser, sondern schlimmer. Jüngster Höhepunkt ist der Spiegel vom 1. Juli 2022, wo Tim Bartz und Christian Reiermann eine reißerische Geschichte von den „Geldschwemmen“ der Notenbanken zu Papier bringen. Auch der Arbeitgeberpäsident, Rainer Dulger, kennt die Theorie von Geldmenge und Inflation. Er meint, die Notenbank sei zwar unabhängig, aber man könne „ja zumindest mal höflichst drum bitten, dass die Geldmenge im Markt reduziert wird, dass die Zinsen erhöht werden. Dass all diese Inflationsbremsen, die wir so kennen aus der Theorie, auch gezogen werden.“
Wir haben schon mehrfach erklärt, warum der Monetarismus mit seinem Geldmengenkonzept vollkommen zu Recht der Vergangenheit angehört (siehe dazu unsere Beiträge in der Geldserie). Für die Vorstellung, es gebe eine Menge von der Zentralbank zur Verfügung gestellten Geldes, die auf geheimnisvolle Weise die Entwicklung des Preisniveaus bestimme, gibt es weder eine fundierte Theorie (die immer wieder herangezogene sogenannte Quantitätsgleichung ist gerade keine Theorie, sondern eine Identität) noch fundierte Empirie.
Die Notenbanken in Europa und Nordamerika hätten ihre Volkswirtschaften mit frisch geschaffenen Euros, Dollars und Pfund „geflutet“, heißt es im Spiegel. Wörtlich: „Sie drückten die Leitzinsen auf null oder darunter und kauften massenhaft Staatsanleihen an. Die Geldschwemme legte das Fundament für die gegenwärtigen Preissteigerungen, denn Inflation ist immer und überall ein monetäres Phänomen. Ohne üppige Geldversorgung hätten Anbieter von Waren und Dienstleistungen keinen Spielraum, ihre Preise zu erhöhen.“
Ein Journalismus, der seiner Aufgabe, Leser sachlich zu informieren, gerecht werden will, müsste sich wenigstens bemühen, gravierende empirische Fehler zu vermeiden und offenkundige Widersprüche zu weltweiten Entwicklungen zu erwähnen. Zudem gibt es einen Zeitverlauf, den man in einer seriösen Berichterstattung nicht einfach ignorieren darf. Hätte man auch nur einmal näher auf das Land geschaut, das mit Abstand am längsten eine solche „Geldschwemme“ realisiert hat, wäre dem Tenor des gesamten Spiegel-Artikels von vornherein die Basis entzogen gewesen.
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https://www.relevante-oekonomik.com/2022...-die-realitaet/
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