In Würde wühlen
Na, wer sagts denn: Die Grünen und die Liberalen haben ja doch ein Herz! Auch sie haben nun soziale Themen im Fokus: Containern, also im Abfall von Supermärkten zu wühlen, soll nämlich laut beiden Parteien endlich straffrei werden. Mehr Weggeschmissenes für alle, die sich nicht mehr leisten können!
Endlich mal eine richtig gute Nachricht: Die kleinen Ampelmännchen sind sich einig – FDP und Grüne wollen das Containern straffrei stellen. Wer künftig im Müll anderer Leute oder Supermärkte buddelt, soll keine Strafe mehr fürchten müssen. Es sei denn, es liegt ein Hausfriedensbruch vor. Bislang wurden Menschen, die sich weggeschmissene Lebensmittel aneigneten, strafrechtlich verfolgt. Aber die gute Menschen der Ampelkoalition möchten in keinem Staat mehr leben, in dem nicht jeder straffrei an Weggeschmissenes kommt. So viel soziales Gewissen haben sie dann doch.
Natürlich verweist man auf die Lebensmittelverschwendung, der man so entgegentreten würde. Warum gute Lebensmittel nicht denen ohne Strafe zukommen lassen, die sie brauchen können? Das ist Sozialstaat 3.0: Nach der Armenspeisung, die wir heute Tafel nennen, jetzt der Müllcontainer. Ganz pragmatisch und liberal. Was sich hier zeigt ist der sattgefressene Pragmatismus von Leuten, die es als soziale Errungenschaft sehen, einem Obdachlosen eine Pfanddose zu überlassen – und die sich dafür feiern lassen.
Das, was man für sich selbst oder eine Kundschaft nicht mehr kulinarisch in Anspruch nehmen möchte, an andere zu verschenken, hat in Deutschland eine gewisse Tradition. Jedenfalls dann, wenn die Empfänger solcher milder Gaben arme Menschen sind. So war es vor vielen Jahren schon, als man BSE-Rinder keulte und einige auf die Idee kamen, dass in Nordkorea oder wer weiß wo noch Menschen hungerten, die sich über eine Rinderroulade freuen würden. Ganz nach dem Motto: Besser Schädliches fressen als gar nichts.
In Erinnerung ist auch noch der Gammelfleisch- und Pferdefleischskandal: Tiefgekühlte Lasagne beinhaltete Pferdefleisch, das nicht deklariert war. Und was fiel den gütigen Herzen aus Deutschlands satter Mittelschicht ein: Na klar, Hartz-IV-Empfänger könnte man damit doch beglücken und effektiv abfüttern. Lasagne al cavallo: Gastronomisches Herz, was willst du mehr?
Wenn man es genauer betrachtet, fußt das System der Tafeln auf exakt dem gleichen Prinzip: Bevor was im Abfall landet, lieber in des Armen Magen. Das schont die Umwelt – und den Steuerzahler. Natürlich wird man dort nicht müde zu betonen, dass das Mindesthaltbarkeitsdatum ja nichts über den Zustand des Produktes aussage. Und diese Einwand ist ja auch richtig. Dennoch ist es so, dass die Mehrzahl der Menschen in diesem Lande solche Produkte lieber wegschmeißen als verzehren wollen. Ob zu recht oder unrecht, sei mal dahingestellt. Etwas ganz anderes schwingt in dieser Angelegenheit mit, nämlich eine Haltung, die nach dem Motto funktioniert: Ich bin mir zu schade dafür, aber andere sollen es nicht sein.
Deutlicher gesagt: Mein Müll soll die Freude des Anderen sein. Abfall als Sozialleistung. Genau das sollte der Sozialstaat ja, im Gegensatz zum Suppenküchenstaat vorhergehender Zeiten, besser machen.
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