Recherche zu „Kulturmilliarden“
Corona-Fördermittel für rechtsextreme Buchprojekte
Im Rahmen von „Neustart Kultur“ flossen während der Pandemie rund 94 Millionen Euro in den Buchmarkt. Recherchen des Deutschlandradios zeigen: Mit dem Geld wurden auch rechtsextreme Buchprojekte gefördert.
Die Aussichten sind mies für Deutschlands Literaturszene im Frühjahr 2020: Die Corona-Pandemie sorgt mit dem ersten Lockdown für geschlossene Buchhandlungen und ausgefallene Lesungen. Und danach tun die Angst vor Ansteckungen mitsamt Kontaktbeschränkungen ihr Übriges in einer zunehmend verunsicherten Gesellschaft. Die Konsequenz: Deutschlands Autorinnen und Autoren fürchten um ihre wirtschaftliche Grundlage. Denn auch die Verlage erwarten ein schlechtes Jahr – und prognostizieren einen Umsatzrückgang um durchschnittlich 30 Prozent. Bücher werden verschoben, Programme umgestellt.
Als Reaktion auf diese und ähnliche Sorgen in vielen weiteren Branchen, bringt die Bundesregierung am 17. Juni 2020 – knapp drei Monate nach dem ersten Lockdown – das Programm „Neustart Kultur“ auf den Weg. Mit einer Höhe von einer, später sogar zwei Milliarden Euro wird es das größte Kulturförderprogramm der deutschen Geschichte.
Wohin aber ging das Geld, wie wurden die Mittel eingesetzt – und wer hat davon profitiert? Um diese Fragen zu beantworten, hat ein Team von Deutschlandfunk Kultur in den vergangenen Monaten erstmals alle Programme, Förderrichtlinien und Empfänger von Neustart Kultur im Bereich Literatur gesichtet und ausgewertet. Dazu haben wir einen datenjournalistischen Ansatz gewählt: Die erhobenen Zahlen, Daten, Namen und Summen wurden als Datensatz durchsuchbar gemacht und durch Interviews mit Insidern und Betroffenen flankiert.
Unsere Recherchen zeigen, dass insgesamt mindestens 93,7 Millionen Euro in den Bereich Literatur geflossen sind. Das Geld ging an Buchhandlungen, Verlage, Schriftstellerinnen und Schriftsteller, Übersetzerinnen und Übersetzer sowie Literaturhäuser und Lesebühnen. Zwei Drittel gingen an Institutionen wie Verlage und Lesebühnen. 26 Prozent an Autorinnen und Autoren, Übersetzerinnen und Übersetzer, neun Prozent an Institutionen und Individuen.
Das Geld wurde dabei von der Politik nicht direkt verteilt, sondern mittels zwischengeschalteter Branchenverbände, Stiftungen und Vereine.
Dieses Vorgehen war einerseits gut, weil es die Prozesse beschleunigte. Es war andererseits aber auch schlecht, weil der Staat damit einen Teil der Kontrolle und die Möglichkeit zur direkten Prüfung verlor. Das hatte unter anderem zur Folge, dass mit dem Geld auch rechtsextreme Buchprojekte gefördert wurden, wie unsere Recherchen zeigen.
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https://www.deutschlandfunkkultur.de/kul..._eid=7a83bdcc66
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