Jarka Kubsova: Marschlande
Jarka Kubsova erzählt in ihrem neuen Roman "Marschlande" eine wahre Geschichte aus Hamburg. Es geht um eine starke Frau, die vor fast 500 Jahren als Hexe verfolgt wird, und um die Folgen bis heute.
Schon mit dem ersten Satz ist man drin in der dramatischen Geschichte der Abelke Bleken.
Den Scheiterhaufen zu errichten, dauerte länger als gewöhnlich. Ganze zwei Tage hatten die Männer daran gearbeitet. Dort in den Marschlanden lag das Dorf, aus dem die Hexe kam.
Jarka Kubsova setzt die wahre Geschichte dieser Frau, die vor 450 Jahren ermordet wird, mit hohem Puls in Szene. Man steckt mittendrin im Hexenwahn nach der Reformation in Hamburg. "Sie ist die einzige Frau in Hamburg, von der aus einem Hexenprozess eine sogenannte Urgicht überliefert ist - das ist eine gerichtliche Erwiderung", erklärt Kubsova. "Dadurch ist verbürgt, dass es sie gegeben und sie vor Gericht gestanden hat und dass sie hier einen Hof hatte, der allein auf ihren Namen eingetragen war."
Abelke Bleken lebte in Ochsenwerder, einem uralten Dorf mitten in Hamburg - heute ein beliebtes Ausflugsziel mit Deichen, reetgedeckten Häusern, Kühen und immer wieder kleinen Teichen, sogenannten Bracks. Die sehen pittoresk aus, sind allerdings Folgen dramatischer Deichbrüche. "Man kann diese Bracks einzelnen Sturmfluten zuordnen - zurück bis ins 13. Jahrhundert", sagt Kubsova. Unter der Idylle von heute verbergen sich Schicksalsschläge und Dramen von damals, als die heute stillgelegten Elb-Arme noch ein reißender Strom waren. Einer dieser Teiche könnte Abelke damals den Hof und das Leben gekostet haben. Sie kann nämlich den Deich auf ihrem Land nach einer Sturmflut nicht allein reparieren. Männer wollen ihr den Hof abnehmen. Die Hexenjagd beginnt.
Jarka Kubsova stellt der Marschbäuerin Abelke eine Frau von heute gegenüber: Britta, die mit Mann und Kindern nach Ochsenwerder zieht und mitten in einer Ehekrise auf das Drama von damals stößt. Jedes Kapitel beginnt mit einem Satz, der in beide Leben passt. Das ist wunderbar geschrieben. Jarka Kubsova hat in vielen Büchern über das Leben in den Marschlanden damals und heute recherchiert, hat immer wieder Expertinnen und Experten zu Rate gezogen, um ein authentisches Marschlande-Flair zu erschaffen, und war auch immer wieder selbst in Ochsenwerder unterwegs - wie ihre Hauptfiguren. "Mir ging es stellenweise so wie Britta, die sich immer wieder in Ochsenwerder verläuft. Wenn man beispielsweise morgens um sechs hier rumläuft, nur um zu schauen, ob es zu dieser Zeit wirklich so neblig ist, merkt man schon, dass da geguckt wird: 'Da läuft eine fremde Frau morgens um sechs! Warum macht sie das?'", lacht Kubsova.
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https://www.ndr.de/kultur/buch/buchdesmo...kubsova100.html
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