Susan Chois: Vertrauensübung
Die US-Schriftstellerin hat eine sprachlich eindrucksvolle Meditation über Wahrheit und Erinnerung, Realität und Fiktion, Macht und Missbrauch geschrieben.
Der Titel von Susan Chois neuem Roman – „Vertrauensübung“ – ist durchaus ernst zu nehmen. Denn um eben dieses flüchtige soziale Bindemittel geht es: Vertrauen. Dem zwischen Schülern und Lehrern. Dem zwischen Darstellern und Publikum. Und nicht zuletzt dem zwischen Autoren und ihren Lesern. Und das alles unter Metoo-Vorzeichen.
Chois Roman besteht aus drei einander widersprechenden Teilen. Der erste und längste ist eine vor Erzähllust und Sprachwitz nur so sprühende Mischung aus Campus- und Coming-of-Age-Geschichte, die Anfang der achtziger Jahre in einer Großstadt im Süden der USA spielt, an einer Eliteschule für darstellende Künste.
In seinem Zentrum stehen Sarah und David, zwei Fünfzehnjährige, die in den Augen aller füreinander bestimmt erscheinen, sogar lange ehe sie tatsächlich zusammenkommen. Doch der Rausch der ersten Liebe währt nur kurz. Dass die Beziehung scheitert, hat viele Gründe, wie ihre Herkunft aus unterschiedlichen sozialen Verhältnissen.
Ein anderer Grund ist Mr. Kingsley, ihr charismatischer, homosexueller Schauspiellehrer, dem sich Sarah eines Abends anvertraut. Was sich als Fehler erweist, denn für Mr. Kingsley sind die Emotionen seiner Schüler nur das Material, um die Jugendlichen zu brechen und neu zu formen. „Ich lasse nicht locker, bis du weinst“, verkündet der zwielichtige Lehrer einmal.
Die libidinösen Energien zwischen Sarah und David sind für den Lehrer unwiderstehlich. Doch die beiden, obwohl längst getrennt, stellen sich stur und sabotieren die sogenannten Vertrauensübungen, die an öffentliche Demütigungsrituale erinnern.
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https://www.tagesspiegel.de/kultur/susan...r-10690999.html
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