Neulich war ich beim Arzt, - nach 20 Jahren zur Vorsorgeuntersuchung. Ich gab eine Urin- und Stuhlprobe ab, ließ mein Gewicht feststellen und auch die Scheitelhöhe über Fußboden. Ultraschall, Blutabnahme, Lungenfunktionstest, na ich kannte das noch von damals …

Keine zwei Frühstücke später lagen die Laborergebnisse vor. Der Arzt druckste herum, holte weitschweifig aus und begann im Mittelalter. Damals sollen ja viele scheintote Menschen begraben worden sein, wie man anhand der Körperstellungen bei Exhumierungen festgestellt hätte. Dann erklärte er mir, dass so etwas heutzutage nicht mehr vorkommen könne.

Ich zog meinen Eisenfresserblick an und sah dem Arzt direkt in die Augen: „Herausdamitverdammtnochmal!“

„Knapp und bündig: Sie sind tot.“

„Moment, ich rede gerade mit Ihnen.“

„Oh, es kommt häufig vor, dass dem Leichnam noch Luft entweicht. Teils sind das aber nur Gärgase, modifizierte Rülpser sozusagen.“

Selbstzufrieden lehnte sich der Mann in seinen Chefsessel zurück.

„Aber ... Ich bewege mich.“

„Nachlassende Leichenstarre und Muskelzuckungen aufgrund von Übersäuerung.“

„Tot?“

„Alle Tests beweisen es. Sie sind mausetot. EEG, EKG, - alles auf Null.“

„Kein Messfeller?“

„Ich habe mehrmals nachgezählt. Null! Genau so wie ihre Lungenkapazität.“

„Aber ich fühle mich gar nicht tot.“

„Was gar nichts beweist. Sie können nicht gleichzeitig Objekt sein, als auch Argument. Logisch?“

„Irgendwie nicht. Und was mache ich nun?“

„Im Prinzip nichts. Das ist die Handlungsdirektive aller Toten. Ich werde die Unterlagen zum Quartalsende zum letzten Mal abrechnen. Schade eigentlich, Sie waren mir eine sichere Kleingeldeinkommensquelle. Ich habe ihren Tod festgestellt, den Leichenschein ausgefüllt, den Rest erledigt ein Beerdigungsinstitut Ihrer Wahl. Wünschen Sie eine Obduktion? Haben Sie einen aktuellen Organspendeausweis? Hier, nehmen sie ihren Totenschein gleich mit.“

Ich habe dann den Arzt gewechselt. Der diagnostizierte eine Mutation, eine schräg gestubste DNS-Sequenz, vielleicht epigenetisch bedingt oder so. Nämlich: 'Vegetarischer Vampirismus' und ich könne ja in Wassermelonen beißen und diese leer saugen. Leute, was was war ich erleichtert.

Natürlich ließ ich mich standesgemäß in einem Klappdeckelsarg und unserer Familiengruft beisetzen, Hallo Tante Dentala Maxima, Hollo Onkel Saugustus. (Ihr müsst nämlich wissen, dass Vampirismus erblich ist, - darin ähnelt er dem Tod. Man bekommt ihn von seinen Vorfahren)

Nur der Knoblauch schmeckt nicht mehr so wie früher, aber was tut das schon.

Hallo Karl-Ludwig, soll ich jetzt deinen Account löschen oder brauchst du ihn noch für die Sarglektüre? Als Vampir geht man ja auch nicht zum Arzt oder zum Frisör (Spiegelbild!) und bettelt um Bluttransfusionen.
Ich hab noch einen alten spitzen Pfahl, den ich mal als Notwehr bei meiner Ex-Schwiegermutter einsetzen musste, vielleicht kann ich dir helfen, einen stilvollen veganen Abgang zu finden.
Wenn das jetzt wieder bloß so eine Geschichte war, dann war sie aber verdammt gut!

Sirius

Denk, dran Karlchen, die Karnevalszeit ist vorbei. Wenn du jetzt als Vampir durch die Gegend schleichst, könnte es zu Irritationen kommen. Aber lass dich davon bloß nicht irritieren! Schreibe uns deine Geschichten halt aus der Gruft, ein wenig Erpelpelle hat noch keinem geschadet.

Liebe Lottegrüße ins Jenseits