Die Gegend in dieser Gegend ist gekennzeichnet durch intensive Feldwirtschaft. Das Land gibt sich flach und man muss schon bis in den, als Hexentreff zur Walpurgisnacht bekannten Harz reisen, um ein wenig Erhebung zu erfahren. Ansonsten hat es bloß die Abraumhalde von Kali und Salz bei Sehnde und einige Maulwurfshügel, - die meisten davon befinden sich in meinem Garten.
Nicht weit entfernt vom Monte-Kali steht ein Seniorenheim. Gefühlte einmal die Woche hört man dann im Radio: … seit gestern vermisst. Er trägt eine rote Jacke und …
Meine Bekannte und ich juckelten die B 443 entlang, hörten Radio und freuten uns des Lebens.
„Dreh mal etwas lauter. Das ist diese komische Vermisstenmeldung, von welcher ich dir erzählte.“
Ich tat wie geheißen und vernahm noch: … ist zwei Meter zwanzig groß, trägt einen Lendenschurz aus ungegerbten Leder, einen verdreckten Umhang mit Schottenkaro und stinkt …
„Da! Halte mal an. Dort geht er ja. Und wir haben kein Handy mit.“
Ich stieg aus und näherte mich aus der Windrichtung vorsichtig dieser Gestalt, welche über die Felder stakste und dabei „Null! Nix! Keine! Ohne!“ und ähnlich negative Worte ins Flachland brüllte.
„Wass'n los?“ fragte ich aus sicherer Entfernung. „Willst'e nich zurück ins Warme? Das Wetter ist dieser Bekleidung nicht angemessen. Du wirst dich noch erkälten.“
„Liczyrzepa erkältet sich nie!“ kam es zurück. „Null! Keine! Völlig ohne!“
„Was denn?“
„Rüben! Keine Rüben! Nix! Nicht eine Einzige!“
„Na und? Ananas und Bananen gipps hier genau so nicht. Rege ich mich etwa deswegen auf? Nein, ich warte gelassen auf den Klimawandel. Und zu ähnlicher Gelassenheit rate ich dir auch.“
„Ich will aber die Königstochter Emma freien. Schon seit 1783.“
„Ach herjeh. Herjemineh. Gottogottogott. Die Dame ist doch garantiert nicht mehr zu heiraten. Und überhaupt, was haben Pflanzen damit zu tun?“
„Zählen. Ich muss als Morgengabe Wurzelgemüse zählen. Da, wo ich normaler Weise tätig bin, leben die Leute von Tourismus und pflanzen keine Rüben mehr an.“
„Hier aber auch nicht, seitdem die Zuckerrübenfabrik in Lehrte 2002 gesprengt und statt dessen ein Einkaufszentrum hingestellt wurde. Versuch ma weniger zu stinken und komm mit zum Auto. Da habe ich noch einen Beutel Rüben aus dem Supermarkt.“
Da verzog ein glückliches Lächeln sein Faltengesicht: „Ehrlich?“
„Ja! Zum Zählen von Rüben aus Holland oder Spanien ist Discounterware bestens geeignet.“
Plötzlich traf mich die Erkenntnis wie ein Dampfer diesen legendären Albatros beim Stapellauf:
„Ha! Du stammst aus Siebenbürgen und bist ein Schrat.“
„Nicht EIN Schrat, sondern DER Schrat! Und nenne mich bloß nicht Rübezahl, sonst flippe ich aus.“
Ich entfernte das Verdeck, was einige halbe Stunden lang dauerte, weil das Auto kein Cabrio war, und wir setzten ihn beim nächsten Aldi ab, wo er einiges Aufsehen erregte.
Rübezahl fand nichts zu zählen,
die Felder waren rübenfrei.
Tagelang tat er sich quälen,
kam nie bis Eins, kam nie bis Zwei.
Ich brachte ihn zum Supermarkt,
da wurd' er förmlich manisch.
Freude fast bis Herzinfarkt.
Die Rüben aber waren spanisch.
Zehn Weise können nicht einen Idioten ersetzen!
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Ein sehr glaubwürdiges und toll geschriebenes Märchen über einen, der Rüben zählt.
Einzig, dass er „quantifizieren“ gesagt haben soll, halte ich für fraglich. Das hat uns Karl-Ludwig untergeschoben.
Und natürlich hast du für Krakanos nicht Rübezahl als Titel gewählt, sondern Liczyrzepa.
Das Gedicht ist auch hübsch. Hat mir alles gut gefallen.
Sirius
Reset the World!
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Schon beseitigt. Logisch. Ein Schrat kennt das Wort 'quantifizieren' nicht, ich wollte nur nicht dauernd 'zählen' schreiben.
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Herrlich, Karl-Ludwig!
Karl-Ludwig und der Schrat. Ich habe die Szene direkt vor Augen.
Liebe Grüße
Lotte
Schenke der Welt mein Lächeln,
morgen lächelt sie zurück.
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