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Michel Houellebecq hat sich als neurechter Denker zu erkennen gegeben. Seltsam nur: Die Kritiker blenden das weitgehend aus. Warum eigentlich? Von Adam Soboczynski
Der erste Feind, den unsere Gesellschaft völlig auszurotten versuche, sagte Michel Houellebecq, sei das männliche Zeitalter, mehr noch: "die Männlichkeit selbst". In seiner Preisrede zum Frank-Schirrmacher-Preis vor gut zwei Jahren beklagte er, dass der Besuch von Prostituierten in Frankreich unter Strafe stehe. Dieses notwendige Korrektiv der Ehe sei im Untergang begriffen und somit auch "die Familie und die gesamte Gesellschaft". Die europäische Gesellschaft werde mit derartigen Gesetzen in den Selbstmord getrieben. Frei sei man heute nur, wenn man sich aus der "Zwangsjacke der Linken" befreie, was nicht ganz leicht sei. Denn alle maßgeblichen Zeitungen seien links, nur Schriftsteller wie er seien noch bereit, das Denken zu befreien. Man hat sich angewöhnt, derartige Ausführungen Houellebecqs als Provokationen zu verbuchen, die vielleicht nicht ganz ernst gemeint seien, sogar irgendwie erfrischend und abgründig frivol. Das ist erstaunlich, denn das neurechte Denken, das er regelmäßig von sich gibt– ein Schuss Frauenfeindlichkeit und Lügenpresse-Vorwürfe eingeschlossen –, ist völlig kohärent und in der Sache frei von jeder Ironie. Während die gesamte Buch- und Medienbranche durchdreht, wenn der neurechte Antaios-Verlag ein paar Ladenhüter auf der Messe vorstellt oder Uwe Tellkamp in Dresden Ungelenkes zur Meinungsfreiheit formuliert, ist man bereit, Houellebecq auch im linksliberalen Milieu zumeist mit nervöser Ehrerbietung zu feiern. Das ist nicht ganz selbstverständlich, wo es doch immer und überall um die berühmte Haltung geht, die man publizistisch gegen rechts so braucht. Und es ist regelrecht kurios, wenn man sich Houellebecqs allerneueste politische Verlautbarungen vor Augen führt.