Familien-Charakterstudie "Upstate"
Wenn das Talent zum Glück fehlt
Loslassen, schön und gut - aber was, wenn die Tochter depressiv ist? James Wood, der als "vornehmer Vernichter" unter den Kritikern gilt, hat selbst einen ruhigen, subtilen Roman mit Tiefenschärfe geschrieben.
Am einfachsten wäre es, wenn Alan Querry seiner Tochter einen rosaroten Filter ins Hirn pflanzen könnte. Dann wäre der Endsechziger von der Qual befreit, sich ständig Sorgen um die von Depressionen geplagte Vanessa machen zu müssen. Immer dort, wo Alan einen weißen Vogel sieht, findet sie einen schwarzen. Die Tochter erinnert den gestandenen Bauentwickler, der allerdings gerade in Geldnöten ist, ständig an seine väterliche Verantwortung - und zugleich an seine Machtlosigkeit. Loslassen, schön und gut, aber letztlich führen solche Ratgeber-Binsen zu gar nichts.
Der in England geborene Autor und bekannte Literaturkritiker James Wood hat mit "Upstate" einen fein gewobenen, psychologischen Roman über die Macht der Familie geschrieben. Mit scharfem Blick beobachtet er die Fliehkräfte, die eine Familie auseinandertreiben können. Gleichzeitig ist eine Familie aber auch so etwas wie eine Ursuppe, in der alle gemeinsam herumpaddeln und sich dabei helfen, nicht unterzugehen - zumindest, wenn sie einigermaßen funktioniert.
Vanessa, die sich schon von Kindheit an stets in die Welt ihrer Bücher zurückgezogen hat, arbeitet als Philosophie-Dozentin in Saratoga Springs, New York. Eines Tages bekommt Helen, ihre jüngere Schwester, die wie Alan in England lebt, eine beunruhigende E-Mail: Josh, Vanessas Lebensgefährte, schreibt, seine Freundin sei kurz vor Weihnachten eine Treppe heruntergefallen und habe sich den Arm verletzt. Josh ist sich jedoch nicht sicher, ob Vanessa den Sturz nicht absichtlich herbeigeführt hat. Kurzerhand beschließen Helen und ihr Vater, sie in den USA zu besuchen.
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https://www.spiegel.de/kultur/literatur/...-a-1297043.html
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