Poesie als Antidot gegen Corona-Albträume
Gedichte von Paul Celan, Marion Poschmann, Norbert Hummelt und eine Sammlung lyrischer Einschlafhilfen
Für Lyrikfreunde ist Corona natürlich nichts Neues. Wer als Poesieliebhaber genug hat von all den Corona-Tickern, Corona-Zahlen, Corona-Krisenszenarien, der liest inmitten dieser Pandemie am besten einmal täglich das Gedicht "Corona" von Paul Celan. Erschienen 1952 in dem Band "Mohn und Gedächtnis" (der auch die berühmte "Todesfuge" enthält), ist darin von Viren, Krankheit oder Atemnot keine Rede. Im Gegenteil: Es geht um Liebe, um sinnliche Freuden - und um die Zeit. "Aus der Hand frißt der Herbst mir sein Blatt: / wir sind Freunde. / Wir schälen die Zeit aus den Nüssen / und lehren sie gehen: / die Zeit kehrt zurück in die Schale" - so beginnt dieses Gedicht, das zu den schönsten Celans zählt und in dem er vermutlich seine Liebe zu Ingeborg Bachmann in Verse gefasst hat.
"Wir sagen uns Dunkles", heißt es darin, und natürlich finden sich auch hier jede Menge kühne Metaphern und rätselhafte Bilder, aber ein "hermetisches" Gedicht ist das beileibe nicht, vielmehr ein Gesang an die Geliebte mit ganz weichem Rhythmus und einem berührenden Sound. "Es ist Zeit, (...) / daß der Unrast ein Herz schlägt. / Es ist Zeit, daß es Zeit wird. / Es ist Zeit." Wer mag, kann diese Schlussverse natürlich gut apokalyptisch auf die Corona-Gegenwart (Lockdown, Lockerungen usw.) beziehen. Aber eines wollte Paul Celan trotz aller Schwermut mit Sicherheit nicht sein: ein Prophet des Weltuntergangs. Sein Schrecken lag hinter ihm - der Holocaust, den seine Eltern nicht überlebt hatten, der ihn, den Davongekommenen, und seine Dichtung bis zu seinem Selbstmord 1970 in der Seine prägte.
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https://www.wienerzeitung.at/nachrichten...Albtraeume.html
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