Den Völkern

Zum Geleit

Weil Vorurteile so beknackt
wie die sind, die sie pflegen,
gedachte ich, im Artefakt
sie mal sufs Kreuz zu legen.

Ich schulterte ihr Leichtgewicht
und warfs in je drei Strophen.
Ich dachte mir, im Reimgedicht
wärn sie noch mehr die Doofen.

So dachte ich. Und gebs nun zu:
Ich häng voll in den Seilen -
und bin wie, lieber leser, du
randvoll mit Vorurteilen!

Thomas Gsella

Der Pole

Dem Polen wards nicht leichtgemacht
trotz allem Tun und Streben.
Nie hat ers recht zu Geld gebracht,
doch braucht man Geld zum Leben.

Drum sieht man ihn, an List nicht klein,
stumm durch die Fremde wandern.
Verkleidet nistet er sich ein
und nimmt es sich von andern.

Er nimmt es sich im Herbst, im Lenz,
im Sommer wie im Winter.
Vermisst du also Geld ud Benz:
Der Pol steckt dahinter.

Thomas Gsella

Der Österreicher

Was würd so gern woanders sein?
Was träumt sich unter Palmen?
Was schnarcht im Stall mit Kuh und Schwein
auf hagelgrauen Almen?

Was ist auf kaltem Fels geborn?
Was glaubt an Stein und Pendel?
Was hustet in sein Alpenhorn
und glaubt, das sei von Händel?

Was kann nicht sagen, wie es heißt?
Was kann ja nicht mal lesen?
Dass auf dem Donnerbalken schifft:
das österreicher Wesen.

Thomas Gsella

Der Lette

Der Lette ist ein Dunkelmann.
Man weiß von ihm rein gar nichts.
Man fragt vergeblich, was er kann.
Da wird nichts, ist nichts, war nichts.

Der Lette hasst Literatur,
Ein Buch ist ihm zu dicklich.
Verdienste im Bereich Kultur,
Sport, Industrie: sehr mickrich.

Der Lette. Tja. Mehr ist nicht drin.
Substanz hat nicht der Lette.
Die wär halt gleich auch wieder hin,
wenn er mal eine hätte.

Thomas Gsella

Der Ami

Der Ami weiß nichts von Kultur.
Fragt man nach Joyce, dann patzt er.
Der Ami frißt rund um die Uhr,
und eines Tages platzt er.

Der Ami schwimmt im Beutegeld
und kennt das Wort nicht: Lyrik.
Der Ami trinkt das Öl der Welt,
das macht sein Wesen schmyrik.

Das Amiland verbraucht die Luft,
die anderswo vonnöten.
Sein Präsident, das ist ein Schuft,
drum sollte man ihn tadeln.

Thomas Gsella

Der Itaker

Dem Itaker (sprich Mafia)
soll Leben pure Lust sein:
Vorm Töten tut er Öl ins Haar,
das stärkt sein Selbstbewusstsein.

Die Schuhe trägt er weich und leicht,
die Sohlen ohne Rille:
Ein Killer, der nach Hause schleicht,
tuts gern in aller Stille.

Danach schnalzt er sein „Ti amo“.
Er ist ein eitler Pudel.
Frag ihn nach Michelangelo,
er hält es für ne Nudel.

Thomas Gsella

Der Finne

Der Finne ist für nichts gemacht
als für In-Finnland wohnen.
Er fläzt in der Mittsommernacht
Und futtert Dosenbohnen.

Tagsüber guckt er Elchen zu.
Der Elch ist Finnlands Fauna.
Nachts krabbelt er mit seiner Frau
zum Lieben in die Sauna.

Dort lagert Schnaps, drum klappt es nie.
Nichts tut dem Finnen glücken.
Er ist so unglücklich als wie
sein contrepart, die Mücken.

Thomas Gsella

Der Koreaner

Der Koreaner schwimmt im Glück,
Das unsereins erteilt ist:
Sein Land ist nicht aus einem Stück,
Weils glücklich zweigeteilt ist.

Im Süden ist es viel zu heiß,
Dafür im Norden herrlich.
Zu essen gibt’s im Süden Reis,
Im Norden einmal jährlich.

Der Süden baut Elektromist,
Der Norden macht Paraden.
Es gibt ein Zauberland, das ist
zweimal von Gottes Gnaden.

Thomas Gsella

Der Däne

Der Däne ist ein Fehlkonstrukt
aus Land- und Meeresgenen.
Wer je zu Dänen hingeguckt,
dem graut es schwer vor denen.

Der Däne sitzt gebeugt am Strand
und reibt die kalten Flossen.
Das Sprechen gilt als ungalant.
Wers tut, wird gleich erschossen.

Die Toten wirft er, Mann wie Frau,
hin zu den Meerestieren.
Dann setzt er sich, denkt müde „ciao“
und rundet sich zum Frieren.

Thomas Gsella