Total bescheuert
Ein Kommentar von Georg Korfmacher, München
In unserem Land der Dichter und Denker gibt es bis in die hohe Politik offenbar makabre Defizite. Während die Welt nach der Abwahl des US-Präsidenten tief und erleichtert durchatmet, verschlägt es den deutschen Wählern den Atem, wenn sie an die irrwitzig hohen Summen in der Größenordnung von hunderten Millionen denken, die sie für die (Un)Taten des Verkehrsministers nur in Sachen Autobahnmaut zahlen müssen.
Nach all den bisherigen Mauscheleien und Verschleierungen des Verkehrsministers, werden ihm nun vom EuGH (Rechtssache C-321/19) glasklar eklatante Fehler mit noch unabsehbaren Kostenfolgen nachgewiesen. In einem Rechtsstreit zwischen einem polnischen Spediteur und der Bundesrepublik Deutschland wurde entschieden, dass die Kosten für die Verkehrspolizei nicht in die Berechnung der Höhe der Maut-Gebühr einfließen dürfen. Das werden alle Spediteure mit großer Freude hören, weil sie sich da möglicherweise erhebliche Rückerstattungen holen können. Der Fall ist zwar zunächst nach Münster zurückverwiesen worden, aber die Vorgaben des EuGH sind klar und unumstößlich.
Aber auch die gesamte Verkehrspolitik muss nicht nur in Anbetracht der Folgen der aktuellen Pandmie infrage gestellt werden. Während die Klimaziele der Regierung ein radikales Umsteuern gerade im Verkehr fordern, lässt der Verkehrsminister stur Wälder abholzen (A49). Der bereits 2016 – also im Hochgefühl grenzenlosen Wachstums - beschlossene Bundesverkehrswegeplan sieht Investitionen von 270 Milliarden Euro vor und gilt für dieses Jahrzehnt. Wegen Corona wird sich das aber mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ganz anders entwickeln. "Der vor Jahren vorgelegte Bundesverkehrswegeplan habe wenig mit dem aktuellen Bedarf zu tun," warnt Verkehrsforscher Andreas Knie. Aber der Minister pflegt seine Fehlentwicklung mit Plan, einfach bescheuert.
Und last but not least der Dauerbrenner Maut überhaupt, mit dem sich jetzt sogar ein Bundestagsausschuss beschäftigen muss, nachdem der Verkehrsminister nachgewiesenermaßen die Aufklärung beim Maut-Desaster behindern wollte. Trotz fortgesetzter Bockigkeit und infantiler Kann-mich-nicht-mehr-erinnern-Behauptungen kommen happenweise immer mehr unglaublich bescheuerte „Details zur Maut-Affäre ans Licht: Geheimtreffen von Minister und Mautbetreibern, „routinemäßig" gelöschte Handydaten Scheuers, abtransportierte Maut-Akten", so die Feststellungen von abgeordnetenwatch.de. Offenbar gegen den Rat von Fachleuten bezüglich drohender Schadensersatzforderungen der Mautbetreiber hat der Minister eine bescheurt leichtfertige, einsame Entscheidung getroffen, die den Steuerzahler jetzt mindestens 300 Mio € kosten wird. Jeder Angestellte würde wegen solchen Verhaltens unverzüglich gefeuert, nur ein christlich-sozialer Minister kann sich eine solche Amtsführung erlauben und hoffen, ungeschoren davonzukommen.
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