Kollaps bei Apotheken
Spitzenverband beklagt Rekordtempo bei Schließungen. Linke für Verbot von Onlinehandel rezeptpflichtiger Arzneien
Es pocht, es zieht; irgendwo oben links, schwer definierbar. Vor allem beim Bücken – und wird minütlich schlimmer. Schlechter Zeitpunkt, Sonnabend nacht, weit nach Ladenschluss. Ein Notdienst muss her. Rasch. Glück gehabt, nur ein paar hundert Meter entfernt wartet Hilfe; fast in Griffweite, verrät die Ad-hoc-Netzrecherche. Eine Packung Pillen gegen akute Zahnschmerzen beim Apotheker. Dort angekommen, der Schreck zum Schmerz – auf einem Aushang an der automatischen Schiebetür steht: »Liebe Kunden, die Krise hat auch uns ereilt, wir müssen nach 35 Jahren schließen. Wir danken für Ihre Treue. Ihr Apotheken-Team.« Vor verrammelten Eingängen verzweifeln, eine schmerzvolle Erfahrung, immer häufiger.
Denn: Die Zahl der Apotheken hierzulande sinkt rasant, meldete am Mittwoch die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA). Sogar schneller als für Notfallpatienten virtuell aktualisiert. Bis Jahresende 2022 machten knapp 400 von bundesweit rund 18.000 Betriebsstätten dicht. Alarmierend, weil: »Das ist der größte jährliche Verlust an Apotheken in der Geschichte der Bundesrepublik«, so die ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening. Zuvor hatte die ABDA Angaben der Landesapothekerkammern in allen 16 Bundesländern ausgewertet. Bemerkenswert ferner: Die Apothekendichte hierzulande liegt bei 22 Apotheken pro 100.000 Einwohner. Das ist weit unterhalb des EU-Durchschnitts von 32. »Ein Ende dieses Rückgangs ist bislang nicht abzusehen«, hieß es am Donnerstag seitens der Spitzenorganisation auf jW-Nachfrage. Nur, was sind die Gründe für das Apothekensterben?
Diese etwa: fehlendes Fachpersonal, Betriebe ohne Nachfolge. Für inhabergeführte Apotheken oft Auslöser für die Geschäftsaufgabe. Aber nicht nur selbständige Apotheker rutschen ins Aus – Overwiening: »Auch erst vor wenigen Jahren eröffnete Filialapotheken müssen schließen.« 30 von ihnen kollabierten betriebswirtschaftlich. Ein dramatisches Signal, wie eng insgesamt die finanzielle Basis sei. Und es dürfte noch enger werden. Seit dem 1. Februar beträgt der Abschlag, den Apotheken an Krankenkassen je Fertigarzneimittel abführen müssen, zwei statt 1,77 Euro. Eine Kostenmaßnahme des Bundesgesundheitsministeriums, für zwei Jahre gesetzlich fixiert. Das schlägt ins Kontor, zumal im Vergleich dazu der Festzuschlag pro verordnetem Medikament in Höhe von 8,35 Euro, sprich das Honorar für den Apotheker, seit zehn Jahren unverändert geblieben ist. Rahmenbedingungen, die den Apothekenbetrieb deutlich erschwerten, so die ABDA-Präsidentin weiter. Nicht zuletzt »bürokratische Lasten«.
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