Die neue Lust am Petzen
Noch nie war Denunzieren so einfach wie heute. Online-Meldeportale machen es möglich. Dabei wird heute wie gestern nur selten aus edlen Motiven gepetzt.
Dass Petzen doof ist, weiß jedes Kind. Und die Älteren kennen noch das Zitat: „Der größte Lump im ganzen Land, das ist und bleibt der Denunziant.“ Dieser Spruch stammt wahrscheinlich nicht, wie häufig angenommen, von Hoffmann von Fallersleben. Doch war er auch vor hundert Jahren schon allgemein bekannt. Wer also in der Nazizeit seine Kollegen oder Nachbarn verpfiff, weil sie nicht an den „Endsieg“ glaubten, böse Worte über den „Führer“ verloren hatten oder der „Rassenschande“ verdächtigt wurden, dem musste die Fragwürdigkeit seines Tuns klar sein. Warum wurde dennoch so viel denunziert?
Der Mythos von der allmächtigen Gestapo
Der kanadische Historiker Robert Gellately schätzt, dass in der NS-Zeit rund drei Viertel aller Denunziationen aus eigennützigen Motiven heraus erfolgten: Neid, emotionale Rache, Ausschaltung von Konkurrenten oder sonstige materielle Vorteile. Nur bei dem restlichen Viertel der Denunziationen bei der NSDAP oder der Gestapo hätten nationalsozialistische Überzeugungen eine entscheidende Rolle gespielt. Im Übrigen räumte Gellately in seiner Studie „Hingeschaut und weggesehen – Hitler und sein Volk“ mit dem Mythos auf, nur mithilfe der Terrorherrschaft der Gestapo hätten die Nazis ihre Macht über die größtenteils anständig gebliebenen, im inneren Widerstand befindlichen Volksgenossen aufrechterhalten können.
Tatsächlich hatte die Gestapo deutlich weniger Personal als in späteren Zeiten die Stasi. Auch die Macht der Blockwarte wurde nach 1945 gerne überschätzt. Nur selten ertappten sie jemanden beim Hören von „Feindsendern“ oder anderen Missetaten. Vielmehr fungierten sie als Bindeglied zwischen der Gestapo und ihren eifrigen Zuträgern aus der Bevölkerung. Die Deutschen denunzierten einander so eifrig, dass es selbst Nazi-Größen wie Reinhard Heydrich, Hermann Göring und sogar dem „Führer“ höchstpersönlich zu viel wurde. Einerseits brauchen die Nazis Denunzianten, andererseits fürchteten sie, dass das „Meer der Denunziation“ den Zusammenhalt der „Volksgemeinschaft“ gefährden könnte.
„Die Gesellschaft spalten“ würde man heute sagen. Ungefähr seit Beginn der Flüchtlingskrise im Jahr 2015 werden, vornehmlich aus dem „linksliberalen“ Milieu, die Stimmen lauter, die eine Spaltung der Gesellschaft nicht mehr fürchten, sondern sie offensiv bewerben. Damals galt es als chic, sämtliche Kritiker der Einwanderungspolitik mit AfD-Wählern und Pegida-Anhängern, den sogenannten „Wutbürgern“, in einen Topf zu werfen und zu geborenen Nazis zu erklären, mit denen es sich nicht zu diskutieren lohne. Denn die Merkel-Regierung hatte ja die „Willkommenskultur“ ausgerufen und dekretiert: „Wir schaffen das.“
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