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Jón Kalman Stefánsson: Dein Fortsein ist Finsternis

#1 von Sirius , 04.05.2023 16:30

Jón Kalman Stefánsson: Dein Fortsein ist Finsternis

Dem Isländer Jón Kalman Stefánsson ist mit seinem neuen Roman "Dein Fortsein ist Finsternis" ein Meisterwerk gelungen. Man möchte, dass dieses Buch nie aufhört.

Es gibt Bücher, die einem das Leben leichter machen können. Vorwiegend natürlich nicht etwa durch ihre Leichtigkeit, sondern durch Intensität und Wahrhaftigkeit. "Dein Fortsein ist Finsternis" hat mir eine neunstündige Bahnfahrt in ein großes Abenteuer verwandelt. Es beschreibt:
(…) tiefgehende Gefühle, leidvolle Erfahrungen, schockierende Erlebnisse, unbändiges Glück, Heimsuchungen oder Gewalt, die in die Gesellschaft einbrechen oder in deine Welt, das alles kann so tief eindringen, dass es sich in den Genen niederschlägt, wo es an andere Generationen weitergegeben wird - und so bereits die Ungeborenen prägt.
Die Geschichte sträubt sich nachdrücklich gegen jede Zusammenfassung. Schon die Figur des Ich-Erzählers ist unzuverlässig, weil er sich an nichts erinnern kann. Er kommt zu einer Kirche, einem Friedhof irgendwo auf dem Lande, weit von Reykjavik entfernt. Ein einsamer Bauernhof am Fjord, Berge und Meer, mit immer wieder erstaunlichen Lichtverhältnissen, die Einfluss haben auf das Klima in den Seelen der Menschen, die hier leben. Und da ist natürlich das Schicksal. Karl-Ludwig Wetzig hat das mit der gebotenen Wucht ins Deutsche übersetzt:

Manche nennen es den Spaß der Götter. Karten und Leben durcheinanderzuwirbeln, zu ihrem Vergnügen Knoten zu schürzen, irgendwo eine unerwartete Kurve einzubauen, eine Brücke einzureißen, unsere Herzen in Wallung zu versetzen und dem Dasein einen Stups zu geben, um alles, was fest und sicher scheint, auf den Kopf zu stellen. Das ist der Grund, weshalb du an einem ganz normalen Dienstag vor einer roten Ampel eine schöne Frau am Lenkrad ihres Wagens weinen siehst (…) weshalb ein Mathematikprofessor in einem Bus in Tränen ausbricht, nur weil ihn der Fahrer gegrüßt hat. Endlich passiert was, sagt das Schicksal und hat seinen Spaß.

Bei Jón Kalman Stefánsson hat das Schicksal zum Bespiel seinen Spaß, als eine junge Frau namens Aldis mit ihrem Verlobten Johannes aufs Land fährt, weil sie dort nackt baden möchten. Wegen einer Reifenpanne brauchen sie die Hilfe des Bauern Haraldur und als Aldis dessen leuchtend blaue Augen und sein unwiderstehliches Lächeln sieht, zerplatzt ihre bisherige Lebensplanung wie eine Seifenblase.

Weiterlesen:

https://www.ndr.de/kultur/buch/tipps/Dei...fansson100.html


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Sirius
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