Ich erstand mir auf dem Flohmarkt eine Kuckucksuhr. Tannenzapfen aus Metall als Kettenzug, Schnitzapplikationen, Schindeldach und Fensterchen, vielleicht kennt Ihr noch dieses deutsche Kulturgut aus dem Schwarzwald. Und auch die leckere lokalpatriotische Kirschtorte.
Allerliebst! Ich hängte diese Traditionen wahrende Uhr auf, stellte die Zeiger, zog die Gewichte hoch, packte die nun überflüssige Funkuhr (in China erworben, deswegen misstraue ihr schon seit längerem) in eine Schublade und fand, dass so etwas Gemütliches der zur Zeit überschnappenden Zeit bestimmt etwas von der Hektik nehmen könnte und verdammt auch besser zu mir passt, als so ein hysterischer, verstreichende Sekunden-verkünder.
Ihr Ticken hatte etwas Meditatives, Friedliches, Saloppes, Unernstes. Sie war ein Stechuhrantipode.
Bloß … Warum kommt da bei voller Stunde kein Vogel aus der Klappe und kuckuckt?
Ich hebelte das Türchen vorsichtig auf und siehe da: Kein Kuckuck zu sehen. Wie allmählich bekannt sein sollte, zähle ich Nullmengen immer mehrmals nach. So auch hier. Null Vogel, aber ein seltsam gesprenkeltes Ei aus Gips oder so. Vielleicht auch aus Beton. Ich ließ es liegen. Bestimmt ein Kuckucksei.
Das Türchen blieb offen, damit der Vogel auch wieder rein kann, falls ihm danach sein sollte.
Dann brach im Dachstuhl der Kuckucksuhr ein Brand aus. Aufgeregtes Piepen weckte mich aus dem traditionellen Koma. Es steigerte sich zu Kreischen, wurde immer lauter, - ich rannte ins Bad, doch das Feuer ließ sich noch nicht einmal mit einem Eimer voll Wasser löschen. Das Kreischen hatte aufgehört, und zum ersten Mal wurde ich traurig, als ein Gekreische abbricht. Als die Flammen kleiner wurden, sah ich jedoch kein verbranntes Vögelchen in der Asche liegen. So erkannte ich, dass ich das wohl letzte Ei vom Phönix gefunden haben musste, obwohl es ja heißt, ein Phönix lebt ewig, solange er genügend offene Feuer findet.
Der Feuervogel flog mir auf die Schulter. Kalte Kernfusion ist Nix dagegen. Eine Feder blieb zurück. Er knabberte an meinen Ohren, zupfte am Haar, gluckerte leise vor sich hin und bekam einen Milchtritt (Jetzt spinnt er aber. Milchtritt gibt es nur bei Säugetieren, na gut, ICH bekam seinen Milchtritt ab).
Was essen diese Vögel überhaupt? Mit dem Tier gemeinsam blätterte ich im Wikipedia. Da steht nichts über seine Essgewohnheiten, aber dass eine Feder geheimnisvolle Kräfte freisetzen kann, wenn man sie findet oder klaut.
Ich verschenkte die Feder, welche der Vogel hinterließ. Und nun gucke ich zu, welche Folgen das bei meiner bekannten Bekanntin hervorruft.
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Mann, Karl Ludwig. Du erlebst Sachen. Habe ich schon erwähnt, dass du an den hochverehrten tschechischen Fotografen Josef Sudek erinnerst? Der hat auch viel Poesie in das Alltägliche gepfropft.
Wir haben auch eine Kuckucksuhr, eine fürs Kinderzimmer eigentlich. Das Häusschen ist hellblau (also eine Junx-Kuckucksuhr), der Vogel blendend weiß. Er zwitschert ganz appart. Was wir nicht wussten: Wenn der Vogel heraustritt und die Zeit verkündet, verursacht dieses Heraustreten einen Lärm wie zehn ukrainische Panzer im Donbass. Eine Junx-Uhr halt.
Jörn
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Du hast ein ein Händchen für merkwürdige Dinge und für seltsame Erlebnisse.
Dabei hätte ich statt eines Kuckucks eher auf einen Papagei auf deiner Schulter getippt.
Aber es muss ja auch einen mythologischen Bezug haben und nachhaltig sein.
Ich hoffe, ihr beide vertragt euch miteinander, scheint ja eine längere Beziehung zu werden.
Die Geschichte finde ich zudem sehr originell!
Sirius
Reset the World!
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