Mein Freund Alphons ist schwer zu ertragen. Tagsüber nervt er mit dummen Fragen, wie: „Wenn ein Baum umfällt, aber niemand zuhört, verursacht er dennoch ein Geräusch?“, und bei Dunkelheit hält er Symposien ab, bis es wieder hell wird. Dafür braucht er keine Mitwirkende, - sowas schafft er locker im Alleingang.
Ganz klar: Ein Philosoph. Genauer: Ein Philosolitär.
Umso erstaunter bin ich, als ich ihn auf dem Dach seiner Hütte antreffe, mit einem Hammer in der Hand. „Du wirst dich noch verletzen!“, so will ich rufen, komme knapp bis: „Du wi …“, als es auch schon passiert.
„Was treibst du dich auch auf Dächern herum?“, entfährt es mir wenig mitfühlend, während Alphons scharf die Luft durch die Zähne einzieht.
„Ich decke es zusätzlich mit Kupferfolie ab. Die Teerpappe alleine bringt es nicht. Habe ich schon ‚Autsch‘ gesagt?“
„Nein. Das kam von mir. Ich hatte nur laut mitfühlend gedacht. Und auch auf die Gefahr hin, dass ich hinterher einen Haufen Blödsinn verarbeiten muss: WatSollDerQuatsch?“
„Das ist weil wegen den Göttern. Die mögen es nämlich nicht, wenn jemand darüber nachdenkt, ob es sie geben könnte.“
„Moment mal. Der Glaube an irgendwelche Götter ist ein Anachronismus, ein Relikt aus einer archaischen Zeit, und seit mindestens der Aufklärung total von Gestern.
„Klar. Das behaupte ich auch immer. Allerdings bekam ich vorhin Besuch von Petunia; das ist die Göttin der Pinguine. Sie watschelte, stank nach Fisch und klärte mich massiv auf. Siehst du den verkokelten Baumstumpen dort, wo vorher noch eine Eiche stand? So. Fertig. Lass uns nach innen gehen und es ausdiskutieren. Ach so: Autsch!“
Kaum unter dem Schutz eines geerdeten Götterfluchabweisers angekommen reckt Alphons die Fäuste in Richtung Pantheon und ruft: „Nur weil Ihr hier rumkaspert glaube ich immer noch nicht an euch. Da könnt ihr mir noch so oft erscheinen!“
„Moment mal. Vielleicht musst doch gar nicht glauben. Vielleicht weißt du es ja.“
„Vielleicht etwas vielleicht wissen? Du bist im Duktus sehr schwammig. Germanistika mag so etwas überhaupt nicht.“
„Ich auch nicht!“
„Hast du das gehört?“
„Ja-ja. Das war Psychopathia. Die gibt es gar nicht und wohnt deswegen im Keller, synonymisch also im Unterbewusstsein.“
„Aber das ist doch eine Binsenweisheit. Götter existieren ausschließlich im menschlichen Bewusstsein.“
„Und da richten sie viel Unheil an: Alleine die Göttin des verlorenen Bohrfutterschlüssels sorgt für ausgedehntes Fluchen bei den Heimgesuchten. Davon ernährt sie sich. Und Egomania ist in die Politik gegangen. Nennt sich nun Patriotissima.“
„Das ist doch alles völlig hirnrissiger Schwachsinn. In der Politik gab es immer schon böse Geister. Ich bin sogar überzeugt, dass man infiziert sein muss, bevor man Politiker wird. So eine Entscheidung für Macht um ihrer selbst willen verlangt doch schon im Ansatz nach Prügelstrafe.“
„Oh, was hatte Pandora doch für eine üble Büchse.“
„Das ist wohl eher was für Misogyniker.“
„Ach?! Schon mal was von Latentia Paranoika gehört? Ihre Anhänger zählen fast so viele, wie es überhaupt Menschen gibt, vielleicht sind es sogar noch mehr. Sie stammt aus der Urzeit, als jedes Rascheln im Gebüsch den Tod bedeuten konnte. Sie braucht keinen Glauben. Der Tod ist nämlich ganz gewiss die letzte Wahrheit. Sie IST! Sie dominiert im Hintergrund und beschert den Menschen unglaublich interessante Auslegungen des Seins und den Prioritäten im Leben. Wobei der Mensch eine erstaunliche Fähigkeit im Umdeuten der Fakten sein Eigen nennt. Das ist der Fluch, oder Segen, mir doch egal, des animalischen Erbes und sein Einfluss auf die mentale Urteilskraft, je nach Interessenlage.“
„Und über darüber denkst du nach? Und das mopst die da oben, bzw. da unten? Hm. Ich jedenfalls glaube ernsthaft, dass du das Philosolitären aufgeben solltest.“
Als ich mich auf den Rückweg begebe, werde ich mit einem kleinen Pulk protestierender Damen konfrontiert und Verukka Chaotika (Schwesterntracht mit Namensschild) hält ein Transparent hoch, - irgendwas mit dagegen.
Mein letzter Gedanke ist: Euch gibt es gar nicht!
(Nachricht von Alexa, der Göttin des Lauschangriffes: Hier steht nur noch ein Paar qualmende Schuhe vor dem Rechner. Der User scheint abhandengekommen zu sein.)
Zehn Weise können nicht einen Idioten ersetzen!
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Alexa ist die Göttin all derer, die im Geiste ihr Elternhaus noch nicht verlassen haben und ohne Überwachung keine eigenen Entscheidungen treffen können. Vielleicht ist es auch Sadismus, zu glauben, das Gestöhne im Schlafzimmer oder der Besuch des Gerichtsvollziehers würde sonst keiner mitbekommen.
Die „etablierten“ Götter der Antike, die immer herhalten mussten, wenn etwas nicht nach Plan lief, kann ich ja als existent noch begreifen, aber die selbst geschaffenen Götter, die das eigene Ich zu einer minderwertigen intelligenzlosen Form degradieren, taugen eben nur noch zur Satire, wie wir nach dem Lesen deines Textes auch wieder feststellen mussten. Auch wenn man mitunter annehmen muss, dass die lustige Verballhornung auch nur den eigenen Glauben an ihnen verschleiern soll.
Nun, es braucht ja offenbar jeder etwas, woran er glauben kann, wenn nicht mal mehr die Deutsche Bank als Gott etwas taugt. Und auch ich glaube. Und zwar ganz intensiv an die Blödheit der Menschen. Wahrscheinlich gibt es da auch einen Gott für.
Aber dein „Götterdialog“ ist göttlich, Karl.Ludwig, so lassen sich die Götter und die Gläubigen ertragen.
Sirius
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Es gibt tatsächlich einen Gott der Blödheit, wie ich herausfand. Er heißt: Kaolemos
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Aber Sirius. Eine Suchmaschine sinnig zu bedienen sollte auch Dir kein unüberwindbares Hindernis sein, Englisch kannste auch (Es gibt nur englischsprachige Treffer).
Aber ich bin ja nicht so. Ich bin ja sozial, konsensfähig, interaktionskompatibel und all so Sachen:
https://en.wikipedia.org/wiki/Koalemos
Der Typ sollte Deutsch lernen. Dann wäre er zweifelsfrei in seinem Element.
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In der griechischen Mythologie war Koalemos (Altgriechisch: Κοάλεμος) der Gott der Dummheit, der einmal von Aristophanes erwähnt wurde[1] und auch in „Parallel Lives“ von Plutarch zu finden ist.[2] Coalemus ist die lateinische Schreibweise des Namens. Manchmal wird er als Dæmon bezeichnet, eher als Geist und kleinere Gottheit. Ansonsten wurde das Wort κοάλεμος im Sinne von „dummer Mensch“ oder auch „Dummkopf“ verwendet.[3] Eine alte falsche Etymologie leitet κοάλεμος von κοέω (koeō) „wahrnehmen“ und ἡλεός (ēleos) „verstört, verrückt“ ab.[4] Seine Etymologie ist jedoch nicht geklärt.[5]
Meine Suchmaschine gibt nur deutsche Einträge aus (Startpage). Ich musste also mit einem Expertenteam alles mühsam übersetzen.
Ich weiß nicht, was Koalemos in Griechenland macht, hier müsste doch seine Heimat sein, im Land der Deppen und Idioten.
Und dir vielen Dank für dein liebevolles Mitleid. Und du hast auch recht: Zehn Weise können mich nicht ersetzen!
Sirius
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