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Tanja Raich: Schwerer als das Licht

#1 von Sirius , 19.12.2023 16:20

Tanja Raich: Schwerer als das Licht

Tanja Raich bestätigt mit ihrem zweiten Roman "Schwerer als das Licht" eine Vermutung, die seit einiger Zeit den Literaturbetrieb umschwirrt: Die österreichische Literatur ist gerade besonders spannend.
von Alexander Solloch

Wo sie auch geht, wo wie auch steht: überall Bedrohung. Alles ist angefochten: die Landschaft, die Tierwelt, sie selbst. Eine Frau in der kleinen, ihr noch verblieben Nische, im Südteil einer tropischen Insel, abgeschnitten von jedem Kontakt zu anderen, zu denen da im Norden, die ohnehin nur eins noch von ihr wollen: ihr Leben.
Hier ist es nicht mehr sicher, aber von hier gibt es keinen Ausweg. Ihre Rufe sind bis in den Süden zu hören, ihre Schreie, ihr Trommeln. Ich baue weiter an meiner Festung. Die Pflöcke spitzer, die Mauern höher. Und hinter der Mauer baue ich eine weitere Mauer und dazwischen einen Graben, ein Feld voller Pflöcke, das sie aufschlitzen wird. In die Gänge meines Labyrinths baue ich neue Winkel mit weiteren Fallen. In den Wäldern befestige ich Seile, die sich um ihre Körper schlingen werden. Ich verriegle die Türen mit schweren Stämmen und Ästen. Ich bin ihnen immer einen Schritt voraus.

Ob es die, vor denen sie sich da verbarrikadiert, überhaupt gibt? Vielleicht sind sie ja nur Geister, Stimmen, Ängste. Real ist jedenfalls die Panik der Protagonistin. Der Wald um sie herum stirbt, die Nahrung geht ihr aus, alles auf der einstmals strahlend schönen Insel verdorrt, die Vögel fliegen davon. Schon äußerlich ist das eine existenzielle Krise. Aber da ist auch die überbordende Unruhe im Inneren der Frau, die vor einiger Zeit aus einem alten Leben herausgeschleudert wurde, hier gestrandet ist und sich kaum noch erinnert an das, was da einst geschah. Man tappt beim Lesen im Halbdunkel, wie in einem Traum, der mit tausend schillernden Details ausgekleidet ist und doch rätselhaft bleibt.
Von draußen höre ich das Pfeifen des Windes. Das Schnattern der Geckos. Das Schnarren der Zikaden. Die Rufe der Eulen. Mungos und Warane, die sich durch das Geäst schlagen. Die Tiere finden immer einen Weg. Sie kämpfen sich zu meinem Haus und lauern in der Dunkelheit. Languren laufen über mein Dach. Ihre Schritte hallen durch den Raum. Mal sind es nur zwei, mal vier, mal ist das ganze Dach voll davon. Sie sitzen und warten.

Der Mensch, der sich in starrer Angst festungsartig vom Rest der Welt abschottet - dieses Bild, sagt Tanja Raich, stand ihr ganz am Anfang der Geschichte vor Augen. Aber ihre Figur, die Frau auf der Insel, hat sich dann natürlich auf ganz eigene Weise entwickelt: "Es geht auch um persönliche Ängste, es geht um Wahnvorstellungen; es kann eine Psychose sein. Es geht auch um den Untergang einer individuellen Welt: Wir alle, wenn wir sterben, werden unsere Welt verlieren und sehen, wie sie untergeht."

Weiterlesen:

https://www.ndr.de/kultur/buch/tipps/Sch...h,raich100.html


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Sirius
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