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Sirka Elspaß: ich föhne mir meine wimpern

#1 von Sirius , 20.12.2023 15:10

Sirka Elspaß: ich föhne mir meine wimpern

Mit der Veröffentlichung von lyrischen Texten bei Instagram hat Sirka Elspaß erstmals auf sich aufmerksam gemacht. Mit ihrem Buchdebüt geht sie - fast schon unzeitgemäß - den Weg vom Digitalen zum Analogen.
von Joachim Dicks
"gedankengänge machen die tollsten moves" - so ist der erste von insgesamt vier Teilen des Gedichtbands von Sirka Elspaß überschrieben. Der Sound, der schon im Titel anklingt - "ich föhne mir meine wimpern" - ist damit klar intoniert. Bilder und manchmal auch Sprachen gehen ungewohnte Allianzen ein und halten sich nicht an Konventionen. Ansonsten beginnt alles, womit es eben beginnt:

als ich geboren werde
erschrecke ich mich
vor meiner eigenen stimme
der arzt sagt
ich sei zu großem imstande
zum beispiel hunger haben

Sirka Elspaß konstruiert unmögliche Erinnerungen: Wer kennt schon seine Gefühle im Moment der Geburt? Und weckt Erwartungen, die sofort enttäuscht werden: Wer denkt an Hunger, wenn ein Mensch zu Großem imstande sein soll? Alles ist klar und zugleich rätselhaft: die Worte, die Gedanken und auch der Ton, mit dem Sirka Elspaß ihre Gedichte liest.

ich habe mein krafttier gefunden
es ist ein grinsender hotdog
an schweren tagen winken wir uns
vom topf aus zu
die wurst platzt auf
ich will eine narbe die aussieht
wie du

Mit der Veröffentlichung von lyrischen Texten bei Instagram hat Sirka Elspaß erstmals auf sich aufmerksam gemacht. Was ist für sie der Unterschied? "Ich habe diese Texte nie für Instagram geschrieben, ich habe sie auch nie bei Instagram veröffentlicht, weil ich schon immer im Hinterkopf hatte, dass ich die auf einem anderen Weg veröffentlichen will", so Elspaß.
Es geht ihr also um anhaltende Aufmerksamkeit. Aber auch um das Spiel zwischen den Gedichten, die immer wieder aufeinander verweisen. Manche Motive wiederholen sich: schlaflose Nächte, Essstörungen, Depressionen, Erinnerungen an die erste Menstruation, an Selbsthilfegruppen und Meditationsseminare. Mit therapeutischem Schreiben hat es dennoch nichts zu tun: "Da Abstand zu gewinnen und das ein bisschen abzuschütteln, dass das alles doch sehr persönlich ist, das war an dem Punkt ganz wichtig", erklärt Elspaß.

In manchen Gedichten entwickelt die Autorin aus alltäglichen Beobachtungen und vermeintlichen Belanglosigkeiten eine Art Geistesblitz, der am Ende des Gedichts wie ein Kometenschweif am Firmament leuchtet.

als ich aus dem fenster schaue
verneigt sich ein mann vor der kirche gegenüber
dann kniet er nieder
vor der kirche gegenüber passieren viele dinge die
man sich angucken kann
die weinende frau von der ich mich frage
was sie sucht
das paar das sich in den armen liegt
die jugendlichen die wlan zapfen
von der kirche
ich höre jemanden sagen
immer wenn es regnet begegne ich
dem himmel

Weiterlesen:

https://www.ndr.de/kultur/buch/tipps/ich...elspass100.html


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Sirius
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