Friedrich Ani: Bullauge
Friedrich Ani ist ein unerbittlicher, leiser Erzähler mit tiefer Melancholie und Trauer zwischen den Zeilen. In seiner Geschichte geht er tiefer und tiefer in die Abgründe der Gesellschaft.
von Annemarie Stoltenberg
Der 1959 geborene Schriftsteller Friedrich Ani gilt als einer der absoluten Stars der deutschen Krimiszene, obgleich seine Romane weit über das Genre Kriminalroman hinausweisen. Es sind scharf formulierte Gesellschaftsanalysen, die er in spannenden Plots versteckt.
In den Nachrichten sehen wir immer wieder diese Bilder: Demonstranten, die durch die Straßen ziehen, begleitet von schwarz gepanzerten Polizisten mit Schildern. In seinem neuen Roman guckt Friedrich Ani hinter diese Schilder und erzählt von den Menschen, die dahinterstehen.
Der Polizeibeamte Kay Oleander ist bei einer Demonstration schwer verletzt worden. Eine Demonstrantin hat mit einer Flasche nach ihm geworfen und durch einen Glassplitter wurde er so schwer verletzt, dass er ein Auge verloren hat. Aber es ist nicht nur die Verwundung, die ihm zu schaffen macht - es ist etwas in ihm zersplittert, er fühlt sich für immer verstümmelt und er will wissen warum. Er fragt sich, ob er eine Mitschuld an dem ganzen Vorfall hat:
Kann es sein, dass wir für einige Augenblicke unvorsichtig gewesen waren. Dass wir den Stimmungsumschwung unter den Demonstranten nicht frühzeitig erkannt haben. Dass wir uns von den ständig sich wiederholenden Gesängen und stupiden Parolen hatten ablenken lassen. Dass wir die Rädelsführer nicht intensiv genug im Blick gehabt hatten. Dass mir dieses Geschrei nach Freiheit und angeblich abgeschafften Bürgerrechten und die verbalen Attacken gegen Polizei und Staat an diesem Tag besonders auf die Nerven gegangen war.
Oleander findet heraus, wer die Flasche geworfen hat. Er findet eine versehrte Frau, die körperlich stark beeinträchtigt ist. Sie war als Radfahrerin Opfer eines Verkehrsunfalls, der offenbar durch einen Streifenwagen der Polizei verursacht wurde. Aber mit der Erklärung, dass diese Frau einfach einen tiefen Hass auf die Polizei hat, ist der Fall nicht einmal im Ansatz geklärt.
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