Mohamed Mbougar Sarr: Die geheimste Erinnerung der Menschen
Für seinen dritten Roman "Die geheimste Erinnerung der Menschen" hat Mohamed Mbougar Sarr 2021 den Prix Goncourt bekommen. Heute erscheint das Buch auf Deutsch.
von Alexander Solloch
"Ich gebe dir einen Rat: Versuche nie zu sagen, wovon ein großes Buch handelt." Buchzitat "Die geheimste Erinnerung der Menschen"
Dieser Ratschlag steigt aus der Tiefe eines sonderbaren, großen Buches zu uns auf. Ohne ins Straucheln zu geraten, könnte man sowieso nicht viel mehr sagen als: Hier geht’s um alles. Um alles, was die Literatur mit uns macht, wie sie uns erhebt, uns herumschleudert, uns erbarmungslos fallenlässt. Aber das ist fast schon zu viel gesagt:
"Die Leute wollen, dass ein Buch von etwas handelt. In Wahrheit handelt nur ein mittelmäßiges, schlechtes oder banales Buch von etwas. Ein bedeutendes Buch hat kein Thema und spricht von nichts, es versucht einfach nur, etwas auszudrücken oder zu entdecken, aber dieses ‚einfach nur‘ ist schon alles, und dieses ‚etwas‘ ebenso."
Buchzitat "Die geheimste Erinnerung der Menschen"
In der Welt dieses Romans sind Bücher existenziell, kein austauschbarer Zeitvertreib. Das ist das, was uns der Ich-Erzähler mit jeder einzelnen Silbe sagen will. Es handelt sich um Diégane Latyr Faye, einen jungen senegalesischen Autor, der zum Studieren nach Paris gegangen ist. Mit einigen anderen Exilanten aus Afrika schließt er sich zusammen zum Nachdenken und Streiten über Literatur.
"Wir dachten keinesfalls, dass Bücher die Welt retten könnten; hingegen hielten wir sie für das einzige Mittel, um nicht vor ihr davonzulaufen."
Buchzitat "Die geheimste Erinnerung der Menschen"
Aber Bücher - es gibt so viele. Inmitten dieses Ozeans aus Wörtern, den wir Literatur nennen, muss es doch das eine Werk geben, das es schafft, das Unendliche einzukreisen. Ein Buch, in dem alle anderen Bücher schon enthalten sind: das grundlegende Buch. Diégane meint, es gefunden zu haben: Vor 80 Jahren ist "Das Labyrinth des Unmenschlichen" erschienen, Autor ist ein gewisser T.C. Elimane, von dem man eigentlich nichts weiß, den man nur fühlt:
"Er erscheint einem. Er durchdringt einen. Er lässt einem die Knochen gefrieren und verbrennt einem die Haut. Er ist eine lebendige Illusion. Ich habe seinen Atem in meinem Nacken gespürt, einen Atem, der sich zwischen den Toten erhob."
Buchzitat "Die geheimste Erinnerung der Menschen"
Weiterlesen:
https://www.ndr.de/kultur/buch/tipps/Die...nnerung100.html
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