"Dankbarkeiten": Roman über Verlust und Erinnerung
von Peter Helling
Die in Paris lebende Autorin Delphine de Vigan gehört zu den wichtigsten Stimmen der neueren französischen Literatur. Die 1966 geborene Schriftstellerin schaffte ihren Durchbruch 2007 mit dem Roman "No & Ich", der auch verfilmt wurde. Ihre Bücher wurden mehrfach mit Preisen ausgezeichnet, der Roman mit dem Titel: "Nach einer wahren Geschichte" von 2015 stand wochenlang auf der französischen Bestsellerliste. Zuletzt erschien ihr Buch "Loyalitäten" auf Deutsch und jetzt ihr neuestes, es heißt "Dankbarkeiten".
Können Bücher soziale Nähe ersetzen? Den Handschlag, die Umarmung eines alten Menschen, den man gerade besuchen möchte, was man aber nicht darf? Delphine de Vigans Roman "Dankbarkeiten" kann es. Es erzeugt spürbar Nähe, einfach nur beim Lesen.
Ich lege meinen Arm auf ihren. Ich suche nach Worten, möchte ihr etwas Tröstende sagen - "Die Damen sind nett" oder "Ich bin sicher, du findest hier Freundinnen" oder "Es gibt hier ziemlich viele Freizeitangebote" -, doch jeder dieser Sätze wäre eine Beleidigung für die Frau, die sie gewesen ist.
Der kurze Roman erzählt eine Geschichte, wie sie heute, in diesen Tagen, nicht stattfinden darf: die Geschichte eines ungezwungenen Besuchs im Seniorenheim. Es geht ums Zuhören, das mühsame Erzählen, die Empathie zwischen den Generationen.
Michka oder Madame Seld, eine alte Dame von 84 Jahren, kann nicht mehr allein leben. Marie, die frühere Nachbarstochter, für die Michka fast wie eine Großmutter ist, organisiert den Umzug ins Heim. Die dritte Figur ist Jérôme, ein Logopäde, der mit Michka zweimal die Woche Sprachübungen macht: Denn die Dame leidet an Aphasie, sie verliert ihr Sprachvermögen, den Sinn für den Zusammenhang der Wörter.
Weiterlesen:
https://www.ndr.de/kultur/buch/Delphine-...rkeiten102.html
Reset the World!
Beiträge: | 27.113 |
Registriert am: | 02.11.2015 |
Ein eigenes Forum erstellen |