Die „neue“ CDU des Friedrich Merz
(Artikel vom November)
Friedrich Merz gilt an der Parteibasis insbesondere in Ostdeutschland als der chancenreichste Bewerber um das Amt des neuen CDU-Bundesvorsitzenden: 48% der Parteianhänger würden ihn laut „Deutschland-Trend“ von Ende November 2021 gern an der Parteispitze sehen. Die CDU wieder zur „Volkspartei“ zu machen und damit vor allem zur politischen Vertretung der vielen „kleinen Leute“ und „hart arbeitenden Normalverdiener“ – das ist neuerdings das Credo von Friedrich Merz, ein Mann aus dem Volke für das Volk? Der Sozialstaats-Kritiker Friedrich Merz zukünftig als Garant für „soziale Gerechtigkeit“?
Obwohl der Kandidat selber Spitzenverdiener ist, und zwar aus den Reihen der obersten 5% der Vermögenden im Lande mit Privatjet, einer Ferienvilla am Tegernsee und einem Jahreseinkommen von rund einer Mio. €uro, nimmt man ihm das an der Parteibasis ab? Beifall bekommt er dort sogar für seinen (selbstlosen?) Ruf nach Steuersenkungen für Reiche.
Lobbyist im Parlament mit lukrativen Nebentätigkeiten und Aufsichtsratsmandaten
Bislang zählt er als rühriger Lobbyist neoliberaler Netzwerke mit bis zu 12 Aufsichtsratsmandaten und acht bezahlten Nebentätigkeiten (für insgesamt 1/4 Mio. € im Jahr) zu den Abgeordneten mit den meisten Nebenverdiensten, gegen deren transparente Offenlegung er sich allerdings heftig wehrte, aber damit vor Gericht scheiterte. Als Wirtschaftsanwalt, Unternehmensberater und Aufsichtsratsmitglied kam er nach seinem Ausstieg aus der Politik 2004 nach verlorenem innerparteilichem Machtkampf gut über die Runden.
Vielleicht sollen aber seine Parteifreunde und die Öffentlichkeit aktuell nicht alles mitbekommen, was der Parteipolitiker Friedrich Merz zuvor und nebenbei so alles betrieben hatte und teilweise noch betreibt, das seiner Imagepflege und seiner Glaubwürdigkeit als Partei-Erneuer einer bürgernahen Volkspartei schaden könnte? Deshalb präsentierte er mit dem früheren Berliner Sozialsenator Mario Czaja ein Mitglied der Christlich-demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) als seinen künftigen Generalsekretär der CDU und versicherte: „Mit mir wird es keinen Rechtsruck in der CDU geben“.
Wie kein anderer steht aber Friedrich Merz als CDU-Spitzenpolitiker und zugleich als gut vernetzter Lobbyist für die besonders enge Verflechtung und Nähe zwischen Politik und Wirtschaft. Gilt das als Beleg für einen „neuen modernen Konservatismus der Mitte“ oder ist das nicht eher ein anhaftender Makel am deshalb verloren gegangenen Image einer „Volkspartei“? Geht das überhaupt: „Volkspartei“ und neoliberale „Wirtschaftspartei“ gleichzeitig?
Vorbei die Zeiten, wo der marktradikale Friedrich Merz, der vehement gegen eine Vermögensabgabe und Vermögenssteuer von Milliardären und gegen Erbschaftssteuer votiert, zugleich sämtliche staatlichen Sozial und Transferleistungen von Bund, Ländern und Gemeinden auf den Prüfstand stellen und Sozialleistungen kürzen wollte? Denn bei zunehmendem Wohlstand der Reichen würde schon automatisch auch etwas für die Ärmeren abfallen, so seine bislang vertretene „Triple-Down-Theorie“. Diese erfordere „tiefgreifende Änderungen am Sozialsystem“, ferner Deregulierungen der Wirtschaft und Privatisierungen, so seine Ideologie.
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