Tanja Schwarz: Vaters Stimme
Was den Roman von Tanja Schwarz interessant macht, ist ein sehr deutsches Phänomen: das Schweigen und die Weitergabe von Gewalt in der Erziehung, von den Eltern an die Kinder und die Enkel.
von Peter Helling
Nina hat einen Vater. Die 49-Jährige lässt Hans in ihr Leben. Selbstverständlich ist das nicht, denn Hans hatte sich kurz nach ihrer Geburt aus dem Staub gemacht, ohne Begründung. Nina wuchs allein bei ihrer Mutter auf. Ihr zehnjähriger Sohn Lenny hat jetzt den Kontakt zum Opa hergestellt.
Lenny zeigt mir auf seinem Smartphone einen Telefonbucheintrag, der tatsächlich der richtige ist, der volle Name meines Vaters und seiner jetzigen Frau, ihre Adresse. Lennys Daumen schwebt über "Anruf". Draußen ertönt das lang gezogene Signal eines dem Klang nach riesigen Schiffes.
Vom Vater ihres Sohnes lebt Nina getrennt, sie übernimmt Lenny alle paar Wochen. Sie hat eine Neubauwohnung in der Hamburger Hafencity, einen gut bezahlten Job, der sie aber nicht glücklich macht. Viele lose Enden. Tanja Schwarz skizziert in ihrem Roman "Vaters Stimme" das Leben einer Heimatlosen, Ungeliebten, sie macht es feinfühlend, genau.
Zusammen mit Lenny reist Nina in die alte Heimat, an den Fuß der schwäbischen Alb. Sie besucht den Vater und dessen Frau in einem braun getäfelten Haus. Es gibt Wurstsalat, der Hund heißt Wilko, und im Fernsehen laufen bayerische Polizeiserien. Deutsche Wirklichkeit: Schön, die etwas ungelenken Begegnungen zwischen Großstadt und Provinz. Hans schließt den Enkel in sein Herz, besichtigt mit ihm eine Höhle, obwohl der Angst vor Höhlen hat. Nur: Irgendetwas stimmt nicht. Die Stimme des Vaters hat auch einen dunklen Unterton.
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https://www.ndr.de/kultur/buch/tipps/Vat...schwarz280.html
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