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Andreas Schäfer: Die Schuhe meines Vaters

#1 von Sirius , 08.08.2022 16:35

Andreas Schäfer: Die Schuhe meines Vaters

Das Bedürfnis, die Erinnerung an lebenswichtige Personen wachzuhalten? Es regt sich sicherlich bei vielen – zumal dann, wenn der Tod die Leerstelle jäh vor Augen führt. Aber wie erfasst man, was bewahrt werden soll? Da scheinen Schriftstellerinnen und Schriftsteller im Vorteil zu sein: Ihnen fällt es womöglich leichter als anderen, die Geschichte eines Lebens zu erzählen. Oder doch nicht?

Andreas Schäfer („Das Gartenzimmer“) macht sich an die aufwühlende Aufgabe, als ihm bei einem verregneten Open-Air-Konzert plötzlich bewusst wird, dass ihm das Gesicht seines verstorbenen Vaters abhanden zu kommen droht. Jetzt soll keine Zeit vergeudet werden: „Während ich dies schreibe, trage ich meine dünne, noch immer feuchte Daunenjacke. Nach Hause gekommen, setzte ich mich sofort an den Tisch, um etwas festzuhalten, zu retten, nein, ans Licht zu bringen, noch weiß ich nicht, was und wie genau.“

Der autobiografische Text „In den Schuhen meines Vaters“, der sich nicht hinter dem Gattungsbegriff „Roman“ wegduckt, schildert zunächst die dramatische Entscheidung, die von der Familie getroffen werden muss. Robert Schäfer, der krebskranke Vater des Ich-Erzählers Andreas Schäfer, erleidet bei einer Autopsie eine Hirnblutung. Möglicherweise war es ein Behandlungsfehler. Der Oberarzt in Frankfurt sagt, dass mit einer Blutung in diesem Hirnbereich „leider kein Leben mehr möglich“ sei. Der Vater liege im künstlichen Koma. Und die Familie müsse entscheiden, „wann wir die Maschinen abstellen.“
Der Wucht der Ausnahmesituation wird man sich bei der Lektüre kaum entziehen können. Die eingeforderte Entscheidung treffen der Erzähler und seine aus Griechenland stammende Mutter, die seit über 30 Jahren getrennt vom Ehemann lebte, aber dennoch in gutem Einvernehmen mit ihm stand. Der dritte im Bunde ist ein weiterer Sohn, der sich allerdings nicht aktiv einbringt.

Andreas Schäfer: Die Schuhe meines Vaters. DuMont, Köln 2022. 190 S., 22 Euro.

Weiterlesen:

https://www.fr.de/kultur/literatur/andre...m-91708834.html


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Sirius
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