Andreas Maier: Die Heimat
Mit „Die Heimat“ hat Andreas Maier einen weiteren unentbehrlichen Roman der deutschsprachigen Literatur geschrieben
Den inzwischen neunten Band seiner Chronik „Ortsumgehung“ widmet Andreas Maier Edgar Reitz, der mit seiner „Heimat“-Filmreihe in den 80er-Jahren ein epochales Meisterwerk zu diesem Thema hinterließ. Gleichfalls zitiert er vorab die Filmfigur Glasisch, die einst sagte: „Früher ging die Straß von Dorf zu Dorf zu Dorf. Heut geht sie daran vorbei“. Das Motto also für Andreas Maiers „Ortsumgehung“, in der er seit 2010 („Das Zimmer“) in autofiktional-essayistischen Kurzromanen das veränderte Leben in der Wetterau schildert. Dort, in Bad Nauheim, kam Andreas Maier 1967 zur Welt, seine Schulzeit verbrachte er mit seiner Familie in Friedberg, später Studium der Altphilologie, Germanistik und Philosophie in Frankfurt.
Allen Phasen seines Lebens hat Maier in den bisherigen Chronik-Teilen erzählerischen Raum gewidmet, zuletzt vor zwei Jahren in „Die Städte“. Wurde der Autor von Band zu Band immer universeller, geht Andreas Maier in „Heimat“ einen Schritt zurück und schaut sich die 70er-, 80er-, 90er- und Nuller-Jahre unter diesem Gesichtspunkt noch einmal an. Heimat war geradezu zwangsläufig in allen seinen Bänden ein Thema, im neuen Roman bekennt er: „Das ist meine Heimat. Das bin ich. Heimat ist ein schwarzes Kapitel, immer und überall.“ Die Erinnerungen führen Maier wieder in die Kindheit der Siebziger, als in der Familie der Begriff Heimat so gut wie nie vorkam. Aber: „Heimat wurde fast ausschließlich im Zusammenhang mit anderen d.h. fremden Menschen verwendet, die zwar in unserer Stadt wohnten, aber nicht von dort stammten.“
Das waren zunächst heimatvertriebene Ostaussiedler, und dann die „Ausländer“, in seiner Schule ein italiensicher Junge sowie ein aus Bulgarien oder Rumänien (genauer reicht die Erinnerung des Erzählers nicht) stammendes, meist folkloristisch angezogenes Mädchen. Auch „Zigeuner“ waren damals in Friedberg unterwegs, auf der anderen Seite ältere Berufsschüler, die NPD-Aufkleber in ihren Geldbörsen trugen. Ende der 70er stellt die Fernseh-Doku-Serie „Holocaust“ das Leben der Friedberger Schüler auf den Kopf, das ominöse, von der Elterngeneration ebenfalls kaum erwähnte Wort „Juden“ wird präsent. Kurze Zeit später in den 80er-Jahren müssen die Schüler bei im Unterricht gezeigten KZ-Filmen kotzen. Ein eher familiär der Peinlichkeit anheimfallender Schüleraustausch, ein Literaturcafé und die Hinwendung zu linken Idealen mit der väterlichen CDU als Feindbild prägten weiterhin das Jahrzehnt. Später an der Uni der aufgrund der Rede des, von Maier nicht namentlich erwähnten, Bundestagspräsidenten Philipp Jenninger so fassungslose wie konsternierte, die Seminarsitzung nicht halten könnende Jürgen Habermas.
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