Steuermilliarden für die Ölindustrie
Wie das Finanzministerium beim Tankrabatt alle Warnungen ignorierte
Mit dem Tankrabatt versprach Christian Lindner sinkende Preise an der Zapfsäule. Sein Ministerium sollte sicherstellen, dass die milliardenschwere Steuerentlastung bei der Bevölkerung ankommt. Am Ende profitierten die Ölkonzerne. Interne Dokumente zeigen: Dieser Ausgang war dem Finanzministerium von Anfang an bewusst – doch Warnungen wurden ignoriert und die Verantwortung weggeschoben.
„Die dümmste Idee der Ampel” – so bezeichnete die Süddeutsche Zeitung den Tankrabatt. Selbst der ADAC kritisierte die Aktion, die Autofahrende entlasten sollte, weil sie die Kassen der Ölkonzerne gefüllt habe. Interne Dokumente aus dem Finanzministerium zeigen nun: Für das Prestigeprojekt von Finanzminister Christian Lindner ignorierte sein Haus zahlreiche Warnungen – und setzte Milliarden an Steuergeldern aufs Spiel.
„Der Tankrabatt wird kommen!”, preschte Lindner Mitte März 2022 vor und versprach ohne Absprache mit seinen Koalitionspartnern etwas, das er anschließend auch durchsetzte – trotz großer Bedenken von Wissenschaftler*innen und lautstarken Warnungen aus anderen Ministerien. Wenige Tage später beschloss die Bundesregierung ein Maßnahmenpaket, um die wirtschaftlichen Folgen des russischen Angriffskriegs zu lindern. Eine der Maßnahmen: Um steigenden Spritpreisen entgegenzuwirken, wird für drei Monate die Mineralölsteuer gesenkt. Ölkonzerne zahlen weniger Steuern und sollen die Preise an der Zapfsäule dementsprechend senken. So geht zumindest die Theorie. „Wir stellen sicher, dass die Absenkung an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergegeben wird”, heißt es dazu im Koalitionsbeschluss. Mit dem Projekt feierten sich Lindner und die FDP später öffentlichkeitswirksam.
Wir haben in den vergangenen Monaten einen gesamten Umzugskarton voll Akten zum Tankrabatt ausgewertet. Das Finanzministerium hat die Dokumente auf eine Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) herausgeben müssen. Sie zeigen: Von Anfang an war den Verantwortlichen klar, dass man den Koalitionsbeschluss gar nicht umsetzen kann. Ob der Rabatt auch bei den Kund*innen ankommt, konnte nicht nur niemand garantieren – es gab auch explizite Warnungen, dass der Steuernachlass in den Kassen der Mineralölkonzerne versacken könnte. Der Tankrabatt könnte zum Bumerang werden, zur Milliardenspritze für Konzerne, die ohnehin schon Übergewinne machten. Ein Risiko, das Lindner offenbar lieber bei jemand anderem sehen wollte. Auf kritische Nachfragen schob er die Verantwortung dafür, dass die Preissenkung auch bei den Kund*innen ankommt, Robert Habecks Wirtschaftsministerium (BMWK) zu.
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