So will die EU das digitale Briefgeheimnis abschaffen
Die verdachtslose Überwachung privater Chats könnte in der EU schon bald zur Pflicht werden. Dies zeigt ein neues Leak.
Um der Verbreitung von Kinderpornografie einen Riegel zu schieben, plant die Europäische Union die Einführung der sogenannten Chatkontrolle – einer automatisierten und verdachtslosen Massenüberwachung sämtlicher privater Chat- und Mailkommunikation. Im Sommer verhandeln Kommission, Parlament und Rat einen entsprechenden Gesetzesentwurf der EU-Kommission. Während sich das Parlament mehrheitlich gegen den Entwurf positioniert, dürfte sich der Rat auf die Seite der Kommission stellen, wie ein neues Leak zeigt. Doch wie funktioniert die Chatkontrolle überhaupt?
Wer Familienfotos aus dem Strandurlaub verschickt, läuft Gefahr, dass die Fotos wegen Verdachts auf Kinderpornografie auf dem Schreibtisch eines Bundespolizisten landen. Gängige amerikanische Kommunikationsdienste wie Gmail, WhatsApp oder Facebook Messenger sind heute schon per Gesetz verpflichtet, illegale Inhalte wie Pornos mit Kindern oder extreme Gewaltdarstellungen zu melden. Die Betreiber gehen dabei nicht nur spezifischen Verdachtsfällen nach. Vielmehr durchsuchen sie automatisch sämtliche hochgeladenen Inhalte, wie das vorhin erwähnte Familienfoto vom Strand. Und zwar mithilfe von Algorithmen, die nackte Haut von Kindern erkennen können.
Sämtliche Inhalte, die ins Fadenkreuz dieser Algorithmen gelangen, werden automatisch an die private Non-Profit-Organisation National Center for Missing and Exploited Children (NCMEC) in den USA weitergeleitet. Befindet sich der Absender oder der Adressat in der Schweiz, sendet NCMEC die Inhalte unbearbeitet an das Fedpol weiter. Dort befasst sich dann zum ersten Mal ein Mensch mit den gemeldeten Inhalten. Jährlich treffen dort rund 10’000 solcher Meldungen ein, beim Grossteil davon handelt es sich jedoch um Fehlalarme. So sind gemäss Fedpol nur knapp 15 Prozent der Meldungen strafrechtlich relevant. Die Algorithmen operieren also mit einer ziemlich hohen Fehlerquote, ohne dass Betroffene jemals davon erfahren.
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