Buck
Natürlich hat jeder von uns Bukowski gelesen. Faktotum, Die Ochsentour und so weiter. „Es regnete, als ich um fünf Uhr morgens in New Orleans eintraf.“ Ein Opener der lakonisch-, lapidaren Art.
Mir lief er über den Weg, als ich in unserer Wohngemeinschaft nur mit „Hä?“ zu antworteten wusste, als ich um eine Meinung gebeten wurde, woraufhin mir etwas Geschriebenes verordnet wurde, das ich UNBEDINGT lesen müsste. „Der schreibt das, was die Leute sich nur zu denken trauen.“
Ich also las über Gossensex, Säufererlebnisse, Prostituierte, die einer ganzen Kneipe zu Willen sind, Atombomben auf San Francisco, während er eine Löwin begattet, und wunderte mich. Ich habe nie in solch einseitigen Dimensionen gedacht. Ich war einfach nicht versaut genug. Ich bin es immer noch nicht. Sondern verklemmt und prüde. Aber ich finde das auch gut und richtig.
Er hat ja ein beeindruckendes Oeuvre hinterlassen. Soll nie ein Wort geändert haben, während sich das Leergut neben der Schreibmaschine anhäufte und besoffene Schlampen seine Musen darstellten.
Bukowski studierte Journalismus. Wow! Also kein Autodidakt, sondern ein trunken Profi, der gelernt hat, ganze Sätze verständlich rüberzubringen.
Irgendwie mag ich ihn dennoch. Er ist mir ähnlich, - nur ganz anders. Er trinkt erst mal ein Bier, wenn er aufwacht, ich schnorchle mir Kiff-Kram. Er blickt ironisch auf den Schleim und Schmodder, den wir in uns tragen, dem wir entstammen, ich bin zum Freizeitzyniker in Sachen Gedankenmüll unterwegs. Na-ja, unterwegs bin ich weniger, wenn ich auf die Tastatur einprügele.
Die Literaturkritiker ordnen Bukowski zeitlich und geografisch irgendwo zwischen Beat Generation und Gonzo-Journalismus ein, rechnen ihn aber diesen Stilen nicht zu. Was ich davon halte? Rhabarbereis mit Fransen und Troddeln dran, bzw. „Mir doch Wumpe!“ Literaturkritiker sind lt. Heine Hühner die gackern, während andere die Eier legen.
Irgendetwas Hoffnungsloses lese ich bei ihm raus. Er hat sich ergeben und träumt in seinen Werken nicht von Erlösung oder zeigt wenigstens positive Intentionen. Er will süß schaudernde Gefühle erzeugen und schafft es auch fast mühelos. Ähnlich funktioniert Horrorliteratur: Man kann nicht aufhören zu lesen, weil diese schaurige Stimulanz auf der nächsten Seite mit „Mehr“ lockt und unser Reptilienhirn…
Unsere Welt wäre ohne ihn bestimmt langweiliger. Ein Märchenonkel von Wirklichkeit der mir unbekannten Art. Schlicht: Eine MASCHE!!
Manchmal liebt man Dinge oder Gedanken gegen seine innerste Überzeugung. Oder jemanden. Und kennt fast alle Argumente, die gegen diese Liebe sprechen.
Zehn Weise können nicht einen Idioten ersetzen!
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