Nicht bei Trost
Die Menschen ließen sich von Kriegstreibern, Hooliganschlägern und Frauenverächtern regieren. Die Welt war nicht bei Trost.
Die Ferien gingen an vielen Orten zu Ende und damit auch die Abende in Gegenden, in denen nur Vogelgesang zu hören gewesen war. Zurück kamen die Tage ohne Vogelgesang, weil Amsel, Drossel, Rotkehlchen und Mönchsgrasmücke mit der Familienplanung durch waren und Reviere nur noch halbherzig verteidigt wurden, es sei denn von Tauben und Krähen.
Zurück kamen die Tage, an denen die akustische Lufthoheit jenen Leuten gehörte, die ihre Telefone weit weg vom Körper hielten. Die Menschen verlernten das Telefonieren in seiner ursprünglichen Form, Telefon am Ohr, Schnur am Telefon, Dach überm Kopf. Die Menschen liefen mit ihren Telefonen draußen herum, hielten sie einen Meter weit von sich und brüllten in den Apparat. Das war aber das geringste Problem der Menschheit.
Das viel größere Problem war, dass die Menschen bei politischen Wahlen für Kandidaten und Parteien stimmten, die ganz offensichtlich nicht mehr bei Trost waren. Auf dem sogenannten alten Kontinent hatten sie einen Mann an die Staatsspitze gewählt, der Meinungsfreiheit und Demokratie im Rekordtempo zu beseitigen begonnen hatte. Jüngst hatte er die Friedensbemühungen der Staatengemeinschaft nach fast 182 Wochen und acht Jahren Krieg kritisiert. Das riesengroße Land, das seinen Nachbarstaat überfallen und unzählige Menschen ermordet hatte, habe „den Krieg gewonnen“, so die Meinung des autoritären Herrschers der Magyaren.
Nicht weit entfernt hatte zu der Zeit ein Mann das Präsidentenamt an der Ostsee übernommen, der Erfahrungen als Teilnehmer an Hooliganschlägereien vorweisen konnte und plante, Menschen zu sanktionieren, wenn sie nicht dem Modell Mann-liebt-Frau-und-Frau-liebt-Mann folgten.
Im Nahen Osten hatten sie einen Mann gewählt, der nicht aufhörte, Millionen Menschen unter dem Feldzug leiden zu lassen, mit dem er seine Macht erhalten wollte. Und allen voran hatte die sogenannte Neue Welt einen orangefarbenen Mann erneut als Präsidenten vereidigt, der schon beim ersten Mal seine Anhänger ermutigt hatte, eine Symbolstätte der Demokratie zu stürmen, und den blutigen Angriff später als Heldentat rühmte. Einen Mann, der Frauen entwürdigte und mit den Grundsätzen der Weltwirtschaft jonglierte.
Niemand schien ein Konzept zu haben, um den Verhaltensauffälligen zu stoppen. Im Gegenteil, die Welt ließ es zu, dass ausgerechnet der orangefarbene Mann mit dem Kriegstreiber aus dem riesengroßen Land über das Schicksal der Überfallenen im Osten plauderte. Alles hing von ihren Launen ab. Die Welt war nicht bei Trost.
https://www.fr.de/kultur/timesmager/krieg-182-93894045.html
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