Ballade vom Weib und dem Soldaten
Text: Bertolt Brecht; Musik: Hanns Eisler
Das Schießgewehr schießt, und das Spießmesser spießt
Und das Wasser frißt auf, die drin waten.
Was könnt ihr gegen Eis? Bleibt weg, 's ist nicht weis'!
Sagte das Weib zum Soldaten.
Doch der Soldat mit der Kugel im Lauf
Hörte die Trommel und lachte darauf:
Marschieren kann nimmermehr schaden!
Hinab nach dem Süden, nach dem Norden hinauf
Und das Messer fängt er mit den Händen auf!
Sagten zum Weib die Soldaten.
Ach, bitter bereut, wer des Weisen Rat scheut
Und vom Alter sich nicht läßt beraten.
Nur zu hoch nicht hinaus! Es geht übel aus!
Sagte das Weib zum Soldaten.
Doch der Soldat mit dem Messer im Gurt
Lacht' ihr kalt ins Gesicht und ging über die Furt
Was konnte das Wasser ihm schaden?
Wenn weiß der Mond überm Schindeldach steht
Kommen wir wieder, nimm es auf ins Gebet!
Sagten zum Weib die Soldaten.
Ihr vergeht wie der Rauch! Und die Wärme geht auch
Und es wärmten euch nicht seine Taten.
Ach, wie schnell geht der Rauch! Gott behüte ihn auch!
Sagte das Weib zum Soldaten.
Und der Soldat mit dem Messer am Gurt
Sank hin mit dem Speer, und mit riß ihn die Furt
Und das Wasser fraß auf, die drin waten.
Kühl stand der Mond überm Schindeldach weiß
Doch der Soldat trieb hinab mit dem Eis
Und was sagten dem Weib die Soldaten?
Er verging wie der Rauch, und die Wärme ging auch
Und es wärmten euch nicht seine Taten.
Ja, bitter bereut, wer des Weisen Rat scheut!
Sagte das Weib den Soldaten.
Text: Bertolt Brecht
Musik: Hanns Eisler
Zitiert nach Ernst Busch: bertolt brecht - Legenden, Lieder Balladen 1914-1924. Aurora 5 80 025/26. Hrsg. 1967; Nachaufl. 1974.
Reset the World!
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Gebet nach dem Schlachten
Kopf ab zum Gebet!
Herrgott! Wir alten vermoderten Knochen
sind aus den Kalkgräbern noch einmal hervorgekrochen.
Wir treten zum Beten vor dich und bleiben nicht stumm.
Und fragen dich, Gott:
Warum –?
Warum haben wir unser rotes Herzblut dahingegeben?
Bei unserm Kaiser blieben alle sechs am Leben.
Wir haben einmal geglaubt ... Wir waren schön dumm ... !
Uns haben sie besoffen gemacht ...
Warum –?
Einer hat noch sechs Monate im Lazarett geschrien.
Erst das Dörrgemüse und zwei Stabsärzte erledigten ihn.
Einer wurde blind und nahm heimlich Opium.
Drei von uns haben zusammen nur einen Arm ...
Warum –?
Wir haben Glauben, Krieg, Leben und alles verloren.
Uns trieben sie hinein wie im Kino die Gladiatoren.
Wir hatten das allerbeste Publikum.
Das starb aber nicht mit ...
Warum –? Warum –?
Herrgott!
Wenn du wirklich der bist, als den wir dich lernten:
Steig herunter von deinem Himmel, dem besternten!
Fahr hernieder oder schick deinen Sohn!
Reiß ab die Fahnen, die Helme, die
Ordensdekoration!
Verkünde den Staaten der Erde, wie wir gelitten,
wie uns Hunger, Läuse, Schrapnells und Lügen den Leib zerschnitten!
Feldprediger haben uns in deinem Namen zu Grabe getragen.
Erkläre, dass sie gelogen haben! Läßt du dir das sagen?
Jag uns zurück in unsre Gräber, aber antworte zuvor!
Soweit wir das noch können, knien wir vor dir – aber leih uns dein Ohr!
Wenn unser Sterben nicht völlig sinnlos war,
verhüte wie 1914 ein Jahr!
Sag es den Menschen! Treib sie zur Desertion!
Wir stehen vor dir: ein Totenbataillon.
Dies blieb uns: zu dir kommen und beten!
Weggetreten!
Kurt Tucholsky
Die Leute sagen immer:
Die Zeiten werden schlimmer.
Die Zeiten bleiben immer.
Die Leute werden schlimmer.
Joachim Ringelnatz
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Zwei wunderbare Balladen - anklagend und aufwühlend.
Hervorragend geschrieben.
Ich danke euch fürs Einstellen!
Jonny
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Und ich danke der Jenny. Man muss auch mal andere Dinge, andere Zeilen, eine andere Sprache lesen, nicht nur Liebesgedichte.
Ich freue mich sehr, Jonny, dass das deinen Zuspruch gefunden hat.
Sirius
Reset the World!
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Möchtest du einen Faden mit Antikriegsgedichten draus machen, Sirius?
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Joachim Ringelnatz
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Nein, eigentlich nicht, Jenny. Es geht eigentlich nur um gute Texte, ganz gleich, welches Thema sie haben.
Reset the World!
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Ich habe Jenny so verstanden, Sirius, dass sie diesen Faden zum Antikriegsgedichtefaden machen möchte, nicht das Guckst du Unterforum.
Liebe Lottegrüße
Schenke der Welt mein Lächeln,
morgen lächelt sie zurück.
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Danke, Lotte, für die Übersetzung. Ich bin halt manchmal doof.
Ja, man könnte diesen Faden mit Antikriegsgedichten füllen. Ist eine gute Idee.
Sirius
Reset the World!
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Der Graben
Mutter, wozu hast du deinen aufgezogen?
Hast dich zwanzig Jahr mit ihm gequält?
Wozu ist er dir in deinen Arm geflogen,
und du hast ihm leise was erzählt?
Bis sie ihn dir weggenommen haben.
Für den Graben, Mutter, für den Graben.
Junge, kannst du noch an Vater denken?
Vater nahm dich oft auf seinen Arm.
Und er wollt dir einen Groschen schenken,
und er spielte mit dir Räuber und Gendarm.
Bis sie ihn dir weggenommen haben.
Für den Graben, Junge, für den Graben.
Drüben die französischen Genossen
lagen dicht bei Englands Arbeitsmann.
Alle haben sie ihr Blut vergossen,
und zerschossen ruht heut Mann bei Mann.
Alte Leute, Männer, mancher Knabe
in dem einen großen Massengrabe.
Seid nicht stolz auf Orden und Geklunker!
Seid nicht stolz auf Narben und die Zeit!
In die Gräben schickten euch die Junker,
Staatswahn und der Fabrikantenneid.
Ihr wart gut genug zum Fraß für Raben,
für das Grab, Kameraden, für den Graben!
Werft die Fahnen fort!
Die Militärkapellen spielen auf zu euerm Todestanz.
Seid ihr hin: ein Kranz von Immortellen -
das ist dann der Dank des Vaterlands.
Denkt an Todesröcheln und Gestöhne.
Drüben stehen Väter, Mütter, Söhne,
schuften schwer, wie ihr, ums bißchen Leben.
Wollt ihr denen nicht die Hände geben?
Reicht die Bruderhand als schönste aller Gaben
übern Graben, Leute, übern Graben -!
Theobald Tiger alias Kurt Tucholsky
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Vorahnung des Endsiegs
Sisyphos
staubig
und satt
vom Mehl
seines Steines
hat Angst:
Der Stein
nützt sich ab
Die Sinnlosigkeit
der ewige
verfluchte
Sinn seiner Arbeit
selber
vom Fluch geschlagen
Kleiner
dem schwindenden Stein gleich
das Mitleid der Schatten
das ihm Kraft
zur Ohnmacht gegeben hat.
Bald rollt nur
ein Kiesel
am geschundenen Steilhang
Was bleibt?
Nichts als die Qual
seine Qual
überlebt zu haben
Erich Fried
Reset the World!
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Soldat Soldat
Soldat Soldat in grauer Norm
Soldat Soldat in Uniform
Soldat Soldat, ihr seid so viel
Soldat Soldat, das ist kein Spiel
Soldat Soldat, ich finde nicht
Soldat Soldat, dein Angesicht
Soldaten sehn sich alle gleich
Lebendig und als Leich
Soldat, Soldat, wo ist der Sinn?
Soldat, Soldat, wo führt das hin?
Soldat, Soldat, die Welt ist jung!
Soldat, Soldat, so jung wie du!
Die Welt hat einen tiefen Sprung.
Soldat, am Rand stehst du.
Soldat Soldat in grauer Norm
Soldat Soldat in Uniform
Soldat Soldat, ihr seid so viel
Soldat Soldat, das ist kein Spiel
Soldat Soldat, ich finde nicht
Soldat Soldat, dein Angesicht
Soldaten sehn sich alle gleich
Lebendig und als Leich
Wolf Biermann
Die Leute sagen immer:
Die Zeiten werden schlimmer.
Die Zeiten bleiben immer.
Die Leute werden schlimmer.
Joachim Ringelnatz
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1944 1945
krieg krieg
krieg krieg
krieg krieg
krieg krieg
krieg mai
krieg
krieg
krieg
krieg
krieg
krieg
krieg
ernst jandl
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Joachim Ringelnatz
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Nachts weinen die Soldaten
Ein Kreuz im Schnee,
das Grab eines Soldaten.
Ich frage mich,
wer du wohl gewesen bist.
Hast du geprahlt,
mit deinen Heldentaten?
Warst du verliebt
und wer hat dich vermisst?
Dein weißes Kreuz
trägt nicht mal deinen Namen,
1916 hat wer drauf gemalt.
Dir half kein Gott,
Gebet und auch kein Amen.
Für fremde Rechnung,
hast du mit Blut bezahlt.
Warst du noch jung,
wohlmöglich selbst schon Vater?
Hast du's gewusst,
dein Kind jemals gesehn?
Nachts weinen die Soldaten,
namenlose Tränen im Gesicht.
Nachts weinen die Soldaten,
nurnoch Nummern, ohne ein Gewicht.
Dein weißes Kreuz steht leider nicht alleine.
Wo es heut steht, stehen noch millionen mehr.
Von den Soldaten
blieben nur Gebeine.
Vom großen Krieg
blieb dieses Totenmeer.
Sag mir ganz leis',
wie ging es zuende?
Traf dich ins Herz
ein gut gezielter Schuss?
Nachts weinen die Soldaten,
namenlose Tränen im Gesicht.
Nachts weinen die Soldaten,
nurnoch Nummern, ohne ein Gewicht.
Sag mir warum.
Was zog dich zu den Schlachten?
Falsche Treue,
die Idee vom Vaterland?
Waren es Freunde,
die dich dazu brachten?
Sag mir, Soldat,
wann deine Hoffnung schwand.
Nachts weinen die Soldaten,
namenlose Tränen im Gesicht.
Nachts weinen die Soldaten,
nurnoch Nummern, ohne ein Gewicht.
So steh ich hier,
alleine mit den Toten.
Und wünsche mir,
die Welt hätte gelernt.
Der Frühling schickt
mir seine ersten Boten.
Doch zu hoffen
habe ich verlernt.
https://www.youtube.com/watch?v=JEfeTmma4gI
Reset the World!
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Das letzte Kapitel
Am zwölften Juli des Jahres 2003
lief folgender Funkspruch rund um die Erde:
daß ein Bombengeschwader der Luftpolizei
die gesamte Menschheit ausrotten werde.
Die Weltregierung, so wurde erklärt, stelle fest,
daß der Plan, endgültig Frieden zu stiften,
sich gar nicht anders verwirklichen läßt,
als alle Beteiligten zu vergiften.
Zu fliehen, wurde erklärt, habe keinen Zweck,
Nicht eine Seele dürfe am Leben bleiben.
Das neue Giftgas krieche in jedes Versteck,
man habe nicht einmal nötig, sich selbst zu entleiben.
Am 13. Juli flogen von Boston eintausend
mit Gas und Bazillen beladene Flugzeuge fort
und vollbrachten, rund um den Globus sausend,
den von der Weltregierung befohlenen Mord.
Die Menschen krochen winselnd unter die Betten.
Sie stürzten in ihre Keller und in den Wald.
Das Gift hing gelb wie Wolken über den Städten.
Millionen Leichen lagen auf dem Asphalt.
Jeder dachte, er könne dem Tod entgehen,
keiner entging dem Tod und die Welt wurde leer.
Das Gift war überall, es schlich wie auf Zehen.
Es lief die Wüsten entlang, und es schwamm übers Meer.
Die Menschen lagen gebündelt wie faulende Garben.
Andere hingen wie Puppen zum Fenster heraus.
Die Tiere im Zoo schrien schrecklich, bevor sie starben.
Und langsam löschten die großen Hochöfen aus.
Dampfer schwankten im Meer, beladen mit Toten.
Und weder Weinen noch Lachen war mehr auf der Welt.
Die Flugzeuge irrten mit tausend toten Piloten,
unter dem Himmel und sanken brennend ins Feld.
Jetzt hatte die Menschheit endlich erreicht, was sie wollte.
Zwar war die Methode nicht ausgesprochen human.
Die Erde war aber endlich still und zufrieden und rollte
völlig beruhigt ihre bekannte elliptische Bahn.
Erich Kästner
Lyrik für die Ohren:
http://www.deutschelyrik.de/index.php/da...pitel-1930.html
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