Dankeschön, Leo!

Der Minister des Äußeren

Der Minister des Äußeren
kann sich nicht äußern;
der Minister des Innern
kann sich nicht erinnern;
der Minister des Krieges
ist nicht der des Sieges;
nach dem Minister der Finanzen
muss alles tanzen.

Franz Grillparzer

Einst sagte zu nem Kakadu,
ein Marabu: „Du Kaka, du!“
Ensetzt sprach da der Kakadu:
„Ich sah Sie nie!
Für Sie noch immer Kakasie!“

Peter Sendtko

Christian Morgenstern (1871-1914)

Der Lattenzaun

Es war einmal ein Lattenzaun,
mit Zwischenraum, hindurchzuschaun.
Ein Architekt, der dieses sah,
stand eines Abends plötzlich da -

und nahm den Zwischenraum heraus
und baute draus ein großes Haus.
Der Zaun indessen stand ganz dumm
mit Latten ohne was herum,

ein Anblick gräßlich und gemein.
Drum zog ihn der Senat auch ein.
Der Architekt jedoch entfloh
nach Afri - od - Ameriko.

Christian Morgenstern (1871-1914)

Der Seufzer

Ein Seufzer lief Schlittschuh auf nächtlichem Eis
und träumte von Liebe und Freude.
Es war an dem Stadtwall, und schneeweiß
glänzten die Stadtwallgebäude.

Der Seufzer dacht an ein Maidelein
und blieb erglühend stehen.
Da schmolz die Eisbahn unter ihm ein –
und er sank – und ward nimmer gesehen.

Ein Brunnen vor dem Tore stand.
Ein Architekt sah dies und fand
(zugegeben, nach viel Wein),
man könne doch den Brunnenrand,
wenn sich bloß 10 Männer fänden,
ausbuddeln und links rum wenden.

Gedacht, gemacht, um fast bald acht
war das große Werk vollbracht.

Der Turm, der einst ein Brunnen war
lockte große Völkerschar.
Der Architekt aber endschwand
nach Ami- oder Teutoland...

In Memoriam Morgensterns Lattenzaun. Die Geschichte vom umgestülpten Brunnen (im Original ein Minaret) gehört zu dem Volksschatz um Nasreddin Hodscha, einer Art TürkischKollegaTillEulenspiegel.

Danke für deinen tollen Beitrag, Karl Ludwig!

Und den Nasreddin wollen wir nicht vergessen, lieben wir doch die Tills aller Generationen:

http://www.hekaya.de/maerchen/die-geschi...-asien_132.html

Sirius

Joachim Ringelnatz (1883-1934)

Ernster Rat an Kinder

Wo man hobelt, fallen Späne.
Leichen schwimmen in der Seine.
An dem Unterleib der Kähne
Sammelt sich ein zäher Dreck.

An die Strähnen von den Mähnen
Von den Löwen und Hyänen
Klammert sich viel Ungeziefer.
Im Gefieder von den Hähnen

Nisten Läuse; auch bei Schwänen.
(Menschen gar nicht zu erwähnen,
Denn bei ihnen geht's viel tiefer.)
Nicht umsonst gibt's Quarantäne.

Allen graust es, wenn ich gähne.
Ewig rein bleibt nur die Träne
Und das Wasser der Fontäne.
Kinder, putzt euch eure Zähne!!

Problem auf dem Arbeitsmarkt

Bäcker Heinz und sein Geselle
mussten umschuln auf die Schnelle
Zu dieser Zeit – das weiß doch jeder –
verdient man gut als Robbenjäger
So baun die beiden in der Not
mit Roggenbrot die Robben tot

Fabian Navarro

Babette

Folg mir in mein Domizil,
liebes Kind, und frag nicht viel.
Wirst schon alles lernen,
wirst schon alles sehn,
liest nicht in den Sternen,
was dir heut noch alles kann für Heil geschehn.

Stehst herum in Nacht und Wind.
Komm! Bei mir ist's warm, mein Kind.
Geb dir einen Taler,
koch dir ein Glas Tee.
Einen Emmentaler
essen wir selbander auf dem Kanapee.

Bleibst bei mir bis früh am Tag.
Geht dann jeder, wo er mag.
Ich zum Redaktöre,
du, wohin dich's treib.
Morgen küsst, ich schwöre,
dich mein guter Nachbar, ich des Nachbars Weib.

Erich Mühsam

Die Ahnung

Ich trank meinen Morgenkaffee und ahnte nichts Böses.
Es klingelte. Ich ahnte noch immer nichts Böses.
Der Briefträger brachte mir ein Schreiben.
Nichts Böses ahnend, öffnete ich es.
Es stand nichts Böses darin.
Ha! rief ich aus. Meine Ahnung hat mich nicht betrogen.

Erich Mühsam

Seltsame Tiere

Ein Katzer, eine Katerin,
die sahen einen Euler,
der speiste einen Maulewurf
in einem stillen Weiher.

Der Zieger sprach zum Hammelin:
„Ich sah die Hengstin schön
mit ihrem Stuter heute früh
im Wald spazieren gehen!“

Die Stierin und die Eberin.
die trafen einen Sauer,
und sagten ihm: „Geh in den Stall,
sonst holen wir den Bauer!“

Die Hahnin flog aufs Schuppendach
und krähte nach dem Henner. –
Ich glaube, diese Tiere sind
für Schlaue nur und Kenner.

Bruno Horst Ball

Der Heuschreck

Ein Heuschreck seinen Schreck verlor,
da kam er sich unmöglich vor,
denn dies Gefühl war ihm ganz neu.
Kein Heuschreck mehr, nein, nur noch Heu!
Doch hat dies Heu sich instinktiv
den Schreck, der ihn durchs Rückgrat lief,
gleich hinten wieder angeklebt,
worauf der Heuschreck – weiterlebt.

Ernst Klotz

Als die Paten um den Putenbraten baten,
konnten wir den Paten Putenbraten bieten,
weil wir grade, als die Paten baten,
Putenbraten brieten.

Unbekannt

Nicht ganz so originell.
Dafür aber schnell,
gedichtet und gereimt,
Worte an einander geleimt,
fragt doch nicht:'Warum und was?'
Natürlich nur aus lauter Spass:

Nehmen wir mal an, ich hätte
ein Einhorn, jede Wette,
die passende Jungfrau,
würde fehlen, ganz genau,
wie Pegasus mit ohne
Flügel, und die Zauberbohne
(drei mal dürft Ihr raten):
kommt mir auch nicht im Garten.

Bin ich froh weil und nämlich,
andersrum wär's einfach dämlich.
Und so leb' ich völlig ohne
Einhorn oder Zauberbohne,
Pegasus wird nicht vermisst,
Jungfrau auch nicht wachgeküsst

Denn ich bin ein Realist!
Mist! (Allerhoechstdaselbst me, myselfe and I!)

Herrlich, Karle!
Das geht ab wie eine Achterbahnfahrt!

Jonny